Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Eine Rehabilitation bei Diabetes soll den Betroffenen ein selbstständiges und eigenverantwortliches Leben mit der Krankheit ermöglichen. Barbara Semlitsch, MSc, von der Universitätsklinik für Innere Medizin in Graz und Vorstand der Diabetesberater Österreich, erklärt die Wichtigkeit von Rehabilitation.
Frau Semlitsch, was versteht man unter Rehabilitation bei Diabetes?
Laut der World Health Organization (WHO) umfasst Rehabilitation den koordinierten Einsatz medizinischer, sozialer, beruflicher, pädagogischer und technischer Maßnahmen sowie Einflussnahmen auf das physische und soziale Umfeld. Dieser Einsatz soll zur Funktionsverbesserung, zum Erreichen einer größtmöglichen Eigenaktivität und zur weitestgehenden Partizipation in allen Lebensbereichen führen, damit der Betroffene in seiner Lebensgestaltung so frei wie möglich wird. Anders ausgedrückt bezeichnet Rehabilitation den Einsatz und die Wirkung von Maßnahmen, die darauf zielen, die körperlichen, psychischen und sozialen Folgen einer Behinderung bzw. Aktivitätseinschränkung und Störung der Teilhabe auf ein Minimum zu beschränken.
Wie wichtig ist Rehabilitation bei Diabetes Ihrer Meinung nach?
Rehabilitation im oben genannten Kontext ist vor allem bei Diabetes mellitus sehr wichtig, da diese chronische Erkrankung den Menschen ab Manifestation ein Leben lang begleitet. Und gerade in diesem Fall ermöglicht die Rehabilitation eine größtmögliche Eigenaktivität zur Teilnahme in allen Lebensbereichen.
Ab wann sollten Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden?
Aus meiner Sicht so früh wie möglich in Hinblick auf die Stadien der Krankheitsbewältigung und um Selbstständigkeit und größtmögliche Eigenaktivität zu gewährleisten.
Welche Rehabilitationsmaßnahmen gibt es?
Die notwendige Veränderung in der Diabetesbehandlung liegt im Verständnis, dass jeder Mensch mit Diabetes eine eigenständige Persönlichkeit ist, die ihr Leben aktiv und eigenverantwortlich zu gestalten versucht. Die vorrangigste und wichtigste Maßnahme in diesem Zusammenhang ist die Schulung des Menschen mit Diabetes, um Selbstmanagementfähigkeiten zu erlernen, zu erhalten und auch zu bewahren. Empowerment (Maßnahmen, die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung erhöhen sollen) als persönlicher Entwicklungsprozess ermöglicht, die eigenen Anliegen autonom zu verantworten. Im Rahmen dieser Selbstmanagementfähigkeiten ermöglichen Kontakte in Selbsthilfegruppen, Blogs, Motivationsgruppen usw. einen permanenten Austausch von Erfahrungen, die dem Menschen mit Diabetes in seiner Selbstbehandlung hilfreich sein können.
Was verstehen Sie unter einer erfolgreichen Rehabilitation?
Rehabilitation ist erfolgreich, wenn der Mensch mit Diabetes mellitus in der Lage ist, sein Leben so zu leben, dass für ihn die Erkrankung keine wesentliche Beeinträchtigung mehr darstellt. Die weiterführende Betreuung durch qualifizierte Teams (Mediziner, diplomierte Gesundheits- und Krankenschwestern, Diätologen, Psychologen) sollte auf alle Fälle gewährleistet sein, um dem Menschen mit Diabetes die Möglichkeit zu geben, bei Bedarf Hilfestellung in schwierigen oder belastenden Situationen aller Art zu erhalten.
Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Rehabilitation bei Diabetes?
Aus unserer Erfahrung vielleicht am ehesten in der Akzeptanz von psychologischen Unterstützungsangeboten, die teilweise von Frauen mit Diabetes mellitus eher in Anspruch genommen werden als von Männern, die an Diabetes erkrankt sind.
Welche Möglichkeiten zum Diabetesmanagement gibt es in Österreich?
Es besteht die Möglichkeit, Diabetesmanagement in definierten Diabeteszentren mit strukturiertem Schulungsangebot ohne längeren stationären Aufenthalt oder in Ordinationen mit Schwerpunkt Diabetologie zu erlernen. Sehr häufig werden Menschen mit neu manifestiertem Diabetes mellitus aber auch gleich nach Krankheitsbeginn in Kuranstalten mit Schwerpunkt Stoffwechsel überwiesen.
Quelle: Befund Diabetes Österreich 01/2014