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Leukämie und Lymphome

Bei einer Erkrankung an Leukämie, im Volksmund Blutkrebs, wird der Entwicklungsprozess der weißen Blutkörperchen unterbrochen. Ort der Erkrankung ist das Knochenmark, wo das Blut gebildet wird.

Leukämie & Lymphome
© IStock - Ridofranz

Graft-versus-Host-Disease bei Leukämie

Nach der Transplantation von Knochenmark tritt bei Blutkrebspatienten oft eine gefährliche Nebenwirkung auf: Die frischen Immunzellen des Spenders attackieren statt der Krebszellen gesunde Zellen in Haut, Leber oder Darm des Patienten. Ein Großteil aller Todesfälle nach der Stammzelltransplantation, geht auf diese Reaktion des Immunsystems zurück. Forscher um Prof. Dr. Lars E. French, Universitäts-Spital Zürich und Prof. Dr. Robert Zeiser, Albert-Ludwig Universität Freiburg haben die Ursachen entdeckt – sie liegen in der routinemäßigen Vorbereitung der Patienten. Die Forschungsergebnisse zeigen auch neue Therapieoptionen, mit der viele Todesfälle verhindert werden könnten, so die Wilhelm-Sander-Stiftung.

Fast jeder zweite Patient überlebt eine Knochenmarktransplantation bisher nicht. Grund ist eine unerwünschte Immunreaktion, von Fachleuten „Graft-versus-Host-Disease“ (GHVD) genannt. Dabei greifen die Spenderzellen nicht nur die Blutkrebszellen des Empfängers an, sondern auch dessen gesunde Zellen in verschiedenen Organen. Um die hohe Todesrate aufzuklären und Therapiemöglichkeiten zu entwickeln, konzentriert sich die Forschung seit längerer Zeit auf die Auslöser dieser gefährlichen Immunreaktion im Körper des Patienten: Was bringt die Spenderzellen zu solch aggressiven Attacken auf eigentlich gesunde Organe? Bisher war die häufig auftretende GVHD eine äußerst komplexe Reaktion, die noch nicht vollständig aufgeklärt werden konnte.

Die GVHD tritt bei Knochenmarksspenden auf, die bisher bei bösartigen Bluterkrankungen wie Leukämien und Lymphomen, das Mittel der Wahl ist. Im Knochenmark sind nicht nur frische Blutstammzellen enthalten, die das Blut des Empfängers ersetzen, sondern auch gesunde Immunzellen des Spenders. Sie sollen die Krebszellen im Körper des Patienten angreifen, doch zuvor muss der Organismus des Empfängers vorbereitet werden: Die Krebspatienten erhalten deshalb vor dem Eingriff Medikamente und Bestrahlungen. Diese zerstören seine eigenen Blutzellen und das Knochenmark, sodass Platz für die Spenderzellen entsteht. Mindestens 15–30 % aller transplantieren Blutkrebspatienten sterben nach der Transplantation in Folge der GVHD, insgesamt ist der tödliche Angriff der Spenderzellen auf den Körper des Organismus sogar bei 50 % aller Todesfälle die Ursache.

Um den Ablauf und die Ursachen der GVHD besser aufzuklären, haben die Forscher an Mausmodellen den gesamten Ablauf der Vorbereitung sowie die Knochenmarktransplantation selbst simuliert. Die beiden Gruppen haben schon seit längerem bestimmte Entzündungsbotenstoffe im Visier, darunter das sog. Interleukin-beta. Diese Stoffe bringen offensichtlich die Immunzellen des Spenders dazu, gesunde Zellen der Patienten anzugreifen. Doch wie entstehen im Körper eines Krebspatienten gleich an verschiedenen Orten Entzündungen?

Transplantationsvorbereitung schädigt Darm der Patienten

Das Ergebnis des dreijährigen Forschungsprojektes: Es ist die Vorbereitung des Patienten auf die Transplantation, die den Boden für die fehlgeleitete Attacke der hochaktiven Spenderzellen bereitet. Denn um das kranke Blutsystem im Körper des Patienten zuerst zu zerstören, werden die Patienten mit Gamma-Strahlung behandelt. Wie sich in Versuchen mit Mäusen zeigte, beschädigt diese Strahlung u. a. die Schleimhaut im Darm und die Darmwand. Diese wird dann durchlässiger für Bakterien, die ganz natürlich im Darm vorkommen und dort eigentlich harmlos sind. Doch wenn sie tiefer in das Gewebe gelangen, kann sich das ändern. Auch ihre Stoffwechselprodukte gelangen wegen der Strahlenschäden tief in die Darmschleimhaut – wo sie eigentlich nicht hingehören. Auf die eindringenden Bakterien und Schadstoffe antworten die tiefer gelegenen Darmzellen mit der Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen und massiven Schadenssignalen. Nach der Transplantation locken genau diese die frischen Immunzellen des Spenders an.

Die beiden Forschergruppen konnten den Botenstoff identifizieren, der die entzündlichen Reaktionen in den Zellen auslöst: Es handelt sich um das Interleukin-1-beta, ein Protein, das auch bei Grippe und fiebrigen Infekten im Blut vorhanden ist. Interleukin-1-beta wird normalerweise von spezialisierten Zellen des Immunsystems als Antwort auf Reize wie UV-Licht, verschiedene Chemikalien oder mikrobielle Krankheitserreger ausgeschüttet. In gesunden Zellen liegt Interleukin-1-beta in einer inaktiven Form vor. Damit er ausgeschüttet wird, muss der Botenstoff erst scharf geschaltet werden, dafür sorgt ein weiteres Protein in der Zelle, das sog. Inflammasom.

Sowohl die Freisetzung von bakteriellen Produkten im Darm als auch z. B. der Anstieg von Harnsäure durch die vorbereitende Bestrahlung und die Medikamente wirken, so Forscher, als Schadenssignale, die die Inflammasom- und Interleukin-1-beta-Ausschüttung aktivieren.

Neue Möglichkeiten zur Verhinderung der GVHD

In ihren Versuchen gelang es den Forschern auch, beide Entzündungsstoffe zu hemmen und die GVHD zu verhindern: Mäuse mit einem keimfreien Darm, die frische Blutstammzellen erhielten und zur Vorbereitung bestrahlt wurden, bekamen z. B. keine GHVD. „Das zeigt, dass eine Behandlung des Darms, die vor der Bestrahlung die Bakterien im Darm des Patienten abtötet, die tödliche Immunreaktion verhindern könnte“, sagt Prof. French. Ebenso gelang es, mit einem Antikörper bei den transplantierten Mäusen die Entzündungsstoffe Inflammasom und Interleukin-1-beta zu stoppen.

Diese Studie hat daher mit der Aufklärung des genauen Ablaufs der GHVD auch den Weg für neue Therapiemöglichkeiten bereitet, bestätigt Prof. French: „Den Antikörper gegen die Entzündungsbotenstoffe gibt es sogar schon, wir hoffen auf weitere klinische Studien am Menschen. Das bedeutet, dass eine einfache Spritze mit dem Antikörper und eine Darmbehandlung die meisten Todesfälle nach der Knochenmarkspende verhindern könnte.“

Quelle: Befund Krebs 2/2015

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