Unter Lungenkrebs – geläufig ist auch der Begriff Bronchialkarzinom – versteht man die Neubildung bösartiger Zellen (maligne Neoplasie) im Lungengewebe bzw. in den unteren Atemwegen (Bronchien oder Bronchiolen).
Lungenkrebs ist eine Erkrankung, die eine Behandlung von Spezialisten mit entsprechender Expertise erfordert. Menschen, die die Diagnose Lungenkrebs erhalten, sollten daher die Möglichkeit in Anspruch nehmen, sich in einem zertifizierten Lungenkrebszentrum behandeln zu lassen.
In einem Lungenkrebszentrum ist eine leitliniengerechte, auf den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft basierende Therapie Pflicht. Patienten können sich sicher sein, dass sie von Ärzten mit entsprechender Erfahrung behandelt werden und das für sie bestmögliche Therapiekonzept erhalten.
Es gibt zwei Zertifizierungen für Kliniken, die für Lungenkrebspatienten interessant sind. Dies ist zum einen die Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Institut OnkoZert. In diesen zertifizierten Lungenkrebszentren müssen die Disziplinen Pneumologie und Thoraxchirurgie vertreten sein (beide durch zwei in Vollzeit tätige Fachärzte). Weitere Hauptkooperationspartner sind die internistische Onkologie/Hämatoonkologie bzw. ein Pneumologe mit entsprechender Expertise, die Strahlentherapie, Pathologie sowie Radiologie. Dazu muss ein zertifiziertes Lungenkrebszentrum mit der Psychoonkologie, der Nuklearmedizin, dem Sozialdienst, der Raucherberatung bzw. Tabakentwöhnung, der Physiotherapie/Krankengymnastik sowie mit einem Hospiz bzw. der Palliativmedizin kooperieren.
Bei einem DKG-zertifizierten Lungenkrebszentrum ist die Expertise der dort tätigen Ärzte sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit ein wichtiges Kriterium. Die Expertise wird u. a. dadurch sichergestellt, dass das Zentrum pro Jahr mindestens 200 Patienten mit der Erstdiagnose Lungenkrebs behandeln muss. Zudem muss die Klinik jährlich mindestens 75 Patienten mit der Erstdiagnose Lungenkrebs einer operativen Therapie zuführen, so der Erhebungsbogen zur Zertifizierung von Lungenkrebszentren.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird vor allem durch ein besonderes Gremium, die Tumorkonferenz, befördert. Diese findet einmal in der Woche statt. Teilnehmen an der Tumorkonferenz müssen die sog. Hauptbehandlungspartner. Diese sind in einem Lungenkrebszentrum Pneumologe, Thoraxchirurg, internistischer Onkologe/Hämatoonkologe oder Pneumologe mit entsprechender Expertise, Strahlentherapeut, Pathologe und Radiologe. In der Tumorkonferenz wird jeder einzelne Patient vorgestellt, sein Fall besprochen und die jeweilige Therapie von den Experten gemeinsam festgelegt. Wird im Verlauf der Therapie von dieser Therapieempfehlung abgewichen, muss der Fall erneut in der Konferenz vorgestellt werden. Die Gründe für die Änderung sowie die geänderte Therapie sind dabei festzuhalten, heißt es weiter. Auf Wunsch kann zudem jeder Patient das Protokoll der Tumorkonferenz erhalten. Auch die Psychoonkologen sollten zweimal im Jahr an der Tumorkonferenz teilnehmen und ihre Arbeit vorstellen.
Speziell auf Menschen mit Lungenkrebs zugeschnitten muss ein zertifiziertes Lungenkrebszentrum zudem Angebote für Programme der Tabakentwöhnung machen, den Raucherstatus erfassen und Verfahren anbieten wie Logopädie, Atemtherapie, Krankengymnastik sowie Ernährungsberatung.
Eine weitere spezielle Zertifizierung, die Kliniken anstreben können, die Lungenkrebspatienten behandeln, ist die zum zertifizierten „Thoraxzentrum – Kompetenzzentrum für Thoraxchirurgie“ nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie in Zusammenarbeit mit Doc-Cert. Diese Zertifizierung kann allein oder neben bzw. parallel zu einer DKG-Zertifizierung zum Lungenkrebszentrum vorhanden sein.
Bei einem zertifizierten „Thoraxzentrum – Kompetenzzentrum für Thoraxchirurgie“ gelten, insbesondere was Expertise und Hauptbehandler betrifft, ähnliche Kriterien wie bei der DKG-Zertifizierung, wie der Anforderungskatalog zeigt. Laut dem Anforderungskatalog müssen in einem Thoraxchirurgischen Zentrum ebenfalls mindestens zwei Fachärzte für Thoraxchirurgie in Vollzeit tätig sein. In Thoraxzentren werden jedoch nicht nur Menschen mit Krebs behandelt, sondern auch Betroffene von anderen Lungenerkrankungen bzw. Erkrankungen des Brustraums, die operiert werden müssen.
Die Kooperationspartner müssen ebenso wie bei zertifizierten Lungenkrebszentren nach DKG vorhanden sein, darüber hinaus gibt es Kooperationen mit der Herzchirurgie, der Kardiologie, der Gefäßchirurgie, der Viszeralchirurgie sowie mit einem Orthopäden und/oder Neurochirurgen.
Wenn das Thoraxzentrum Menschen mit Krebs behandelt, ist auch hier eine wöchentliche Tumorkonferenz abzuhalten, an der die Hauptbehandler, hier Thoraxchirurg, Pneumologe/Onkologe und Diagnostiker (wie Radiologe oder Nuklearmediziner) teilnehmen.
Dies sind nur einige der zahlreichen Kriterien, die ein zertifiziertes Lungenkrebszentrum erfüllen muss. Bei erfolgreicher Zertifizierung gilt das Zertifikat für drei Jahre. Vor Ablauf der Gültigkeitsdauer wird das zertifizierte Zentrum einer erneuten Überprüfung unterzogen, die hinsichtlich Umfang und Vorgehensweise einer Erstzertifizierung ähnelt, informiert OnkoZert. Zudem kann es in der Zwischenzeit sog. Überwachungsaudits geben, die stichprobenartig durchgeführt werden.
Quelle: Befund Krebs 4/2016