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Vulvakrebs

Vulvakrebs ist eher selten, er macht nur etwa 4 bis 5 Prozent aller Genitalkarzinome aus. Frauen, die von Vulvakrebs betroffen sind, leiden meist unter Tumoren an den großen Schamlippen, aber auch die kleineren Schamlippen und die Klitorisregion können betroffen sein.

Vulvakrebs
© iStock - STEEX

Das Aufklärungsgespräch bei Vulvakrebs

Wichtig für die Therapieplanung – Wie Patientinnen sich richtig vorbereiten

An Krebs zu erkranken, bedeutet für die Patientin, medizinische Entscheidungen treffen zu müssen. Mit dem auf Augenhöhe zu führenden Aufklärungsgespräch soll der Arzt sie mit seinem Fachwissen und den von ihm für die Patientin verständlich vermittelten Informationen in die Lage versetzen, eine selbstbestimmte Entscheidung unter Abwägung der Chancen und Risiken treffen zu können.

Sie ist vom Arzt über ihre Krankheit, die mutmaßlichen Folgen und die Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären, nicht nur weil es Gesetz und Rechtsprechung verlangen, sondern weil es ihre Würde und Autonomie gebieten. Zwar hat der Arzt im Aufklärungsgespräch aufgrund seines Fachwissens die Führungsrolle, jedoch ist es an der Patientin, das Aufklärungsgeschehen zu bestimmen, denn ihr allein steht die Entscheidung zu, wie weit medizinische Erläuterungen zu gehen haben und von welchen Tatsachen und Rahmenbedingungen sie ihr Einverständnis abhängig machen möchte. Sie hat das Recht, sich für oder gegen einen Eingriff zu entscheiden und festzulegen, in welchem Umfang sie in einwilligt.

Sie kann sich mit grundsätzlichen Erläuterungen zufriedengeben oder aber Details abfragen. Die Aufklärung erstreckt sich von den erhobenen Untersuchungsergebnissen, dem bisherigen Behandlungsverlauf, Diagnose- und Therapieoptionen einschließlich der Möglichkeit, an einer Studie teilzunehmen, auf die bestehenden Risiken und zu erwartenden bzw. möglichen Nebenwirkungen bis hin zu einer Einschätzung der Auswirkungen auf die Lebensplanung der Patientin. Der behandelnde Arzt hat die Informations- und Beteiligungswünsche der Patientin zu unterstützen und ihr Hilfestellungen zu geben, wie sie ihre Interessen wahren kann. Hierzu zählen u. a. Hinweise auf schriftliche Informationen von Patienteninteressenverbänden und Selbsthilfeorganisationen, auf Leitlinien – also systematisch entwickelte Entscheidungshilfen von Fachorganisationen zur Anwendung von Therapiemaßnahmen –, weitere Entscheidungshilfen, Kontaktdaten von Selbsthilfegruppen und Krebsinformationsdiensten sowie qualifizierte Internetadressen.

Arzt muss auf bestehende Alternativen hinweisen

Die Aufklärungspflicht des Arztes ist so umfassend, dass er seine Patientin sogar auf infrage kommende Behandlungsalternativen hinzuweisen hat, selbst wenn sie von ihm bzw. seiner Klinik nicht angeboten werden. Ihr ist Gelegenheit zu geben, bestehende Wahlmöglichkeiten zu nutzen und ggf. die Klinik zu wechseln. Des Weiteren kann eine Verpflichtung bestehen, die Patientin neben medizinischen Aspekten auch auf solche der Wirtschaftlichkeit hinzuweisen. Das Aufklärungsgespräch hat rechtzeitig stattzufinden und nicht erst „auf den letzten Drücker“.

Die Patientin hat aber genauso die Entscheidungsfreiheit, die Aufklärung abzulehnen. Selbsthilfeorganisationen raten hiervon allerdings dringend ab. Sie sollte zumindest in groben Zügen Kenntnis über die Erforderlichkeit des Eingriffs, dessen Art und Umstand erhalten und informiert sein, dass der Eingriff mit Risiken behaftet ist. Es hilft nicht, eine rosarote Brille aufzusetzen und darauf zu vertrauen, dass alles gut wird. Zwar ist diese Hoffnung nur allzu verständlich, aber dem Diagnoseschock sollte nicht der Schock über die weitreichenden Konsequenzen einer Therapie folgen oder der Schock darüber, dass Chancen durch das Verschließen der Augen vor der Realität vertan worden sind.

Einige Fragen bleiben oft unbeantwortet

Viele Patientinnen werden jetzt sicher einwenden, dass diese Darstellung eines Aufklärungsgespräches graue Theorie ist, der eine Wirklichkeit gegenübersteht, in der Aufklärungsgespräche unter Zeitdruck kurz vor der OP geführt werden. Sie fühlen sich überfordert und beklagen nicht nur in Einzelfällen, ihnen sei keine Gelegenheit geboten worden, alle Fragen zu stellen, die ihnen auf der Seele brennen bzw. gebrannt haben. Stattdessen würden sie sich einem Fachchinesisch ausgesetzt sehen, bei dem für sie etliches im Unklaren bleiben würde. Oder ihnen wird Informationsmaterial ausgehändigt und der (falsche) Eindruck erweckt, dieses könne das Aufklärungsgespräch ersetzen, von Bedeutung sei letztendlich nur die Unterschrift unter der Einwilligungserklärung.

Kritisiert wird ebenfalls, dass die Gesprächsatmosphäre weit von einem partnerschaftlichen Miteinander entfernt sei. Diese Erfahrungen sind eine Realität, die durch den Erfahrungsaustausch in den Selbsthilfegruppen bestätigt werden kann.

Patientinnen können in solchen Fällen nur ermutigt werden, die Durchsetzung ihrer Rechte in die eigene Hand zu nehmen und auf eine angemessene Aufklärung zu bestehen. Ist ihr Arzt aufgrund anderweitiger Verpflichtungen nicht in der Lage, im Arzt-Patientinnengespräch die von der Patientin gewünschten Informationen zu liefern, so kann es hilfreich sein, um ein weiteres Gespräch an einem anderen Termin zu bitten. Keine Patientin sollte sich drängen lassen, eine Unterschrift unter eine Einwilligungserklärung zu setzen, wenn nicht alle für sie wichtigen Themen zu ihrer Zufriedenheit geklärt sind.

Fragen vorab notieren

Als gute Idee hat sich für Patientinnen auch erwiesen, eine Checkliste zu fertigen, in der sie die für sie wichtigen Fragen für das Aufklärungsgespräch festhält. So wird nichts vergessen. Bemerkt die Patientin, dass sich ihr Wunsch nach Information und Einbeziehung in medizinische Entscheidungen situationsbedingt im Laufe der Zeit ändert, ohne dass ihr behandelnder Arzt das bemerkt oder darauf Rücksicht nimmt, ist sie gut beraten, aktiv das Gespräch zu suchen und ihre Position zu verdeutlichen. Es geht um ihr Leben, ihren Körper, ihre Lebensqualität und Lebensplanung. Sie ist das Maß aller Dinge, wenn es um das Bewältigen ihrer Krebserkrankung geht.

Ist ein Arzt nicht bereit, Patientinnen als Partnerinnen auf Augenhöhe zu akzeptieren, kann es sinnvoll sein, den Arzt zu wechseln. Patientinnen haben ein Wahlrecht und sie haben das Recht, sich eine zweite Meinung einzuholen. Des Weiteren kann es sinnvoll sein, eine Einwilligungserklärung einzuschränken, in dem z. B. die Reichweite eines Eingriffs begrenzt wird (Selbst bei „kleinen Eingriffen“ scheint es von Arzt zu Arzt Interpretationsspielräume zu geben.) oder festgehalten wird, welcher Arzt eine Operation durchführt, weil nur er die entsprechende Expertise oder das Vertrauen der Patientin besitzt. Und noch ein Tipp: Patientinnen können zu ihrer Unterstützung einen Partner, Angehörigen oder eine sonstige Person ihres Vertrauens in das Gespräch einbeziehen.

Außerdem besteht kein Grund sich zu scheuen, Fragen nach den Erfahrungen des Arztes und seines Teams im Hinblick auf ihre Erkrankung zu stellen. Dieses gilt insbesondere bei einer seltenen Krebserkrankung, denn Krebs ist nicht gleich Krebs und selbst bei zertifizierten Zentren lassen sich in der Praxis Qualitätsunterschiede feststellen und Unterschiede in der Patientinnenzufriedenheit. Im Übrigen gibt es Krebserkrankungen wie beispielsweise das Vulvakarzinom, deren Besonderheiten bei der Zertifizierung unberücksichtigt bleiben.

Die Bedeutung des Aufklärungsgespräches für die Beziehung zwischen Arzt und Patientin, den Krankheitsverlauf und die Erreichung des Therapiezieles ist durch Studien belegt. Eine ergebnisoffene Patientinnenaufklärung in Kombination mit einer gemeinsamen und partnerschaftlichen Entscheidungsfindung bildet die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Christiane Böhlke
VulvaKarzinom-Selbsthilfegruppe e. V.

Quelle: Leben? Leben! 4/2016

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