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Gebärmutterkrebs

Der Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom) ist die häufigste Krebserkrankung des weiblichen Genitaltraktes. Bei dieser Krebsart befinden sich die Krebszellen in der Schleimhaut (Endometrium) der Gebärmutter (Uterus).

Gebärmutterkrebs
© iStock - peakSTOCK

Gebärmutterkrebs: Corona und Chemo

Die Qual der Wahl oder zwischen Pest und Cholera

Mein Name ist Maria. Als berufstätige Mutter von zwei erwachsenen Töchtern in Studium und Ausbildung und in glücklicher Partnerschaft mit dem Mann an meiner Seite tauchte die Diagnose Gebärmutterkrebs, high risk Endometriumkarzinom, mein Leben vor einem halben Jahr binnen Sekunden in ein anderes Licht. Dieser Text ist Anfang April entstanden; Corona ist das alles beherrschende Thema und zwingt mich zu einer Entscheidung.

Kennen Sie den Spruch „Er hat die Wahl zwischen Pest und Cholera“? So ähnlich fühle ich mich in Zeiten von Corona als Krebspatientin mitten in der Chemo. Als Patientin muss es mithin „Sie hat die Wahl zwischen Pest und Cholera“ heißen, was in der Bedeutung auf dasselbe hinausläuft. Ich muss mich entscheiden: Nie hätte ich gedacht, dass Pest und Cholera uns in unserer modernen Welt noch einmal so nahekommen würden, wenn auch im neuen Gewand von COVID-19. Pest und Cholera, das ist Antike, auch noch Mittelalter – aber heute? Umweltverschmutzung – ja; Kanzlerfrage – ja; Schulsystem, politische Spannungen zwischen unseren Parteien und Verkehrskollaps – das sind die Probleme unserer Zeit.

Aber eine Pandemie? Eine Epidemie, die um die Welt geht, die jeden Tag ihre Opfer fordert, die unvorstellbares Leid über die Menschheit bringt und Ärzte, Pfleger und unser Gesundheitssystem bis an die physischen und psychischen Grenzen belastet? Ein Virus, der unser alltägliches Leben aus den Angeln hebt, der uns zum Daheimbleiben und zahlreiche Unternehmen in die Knie zwingt? So etwas hat keinen Platz in unserer hoch technisierten, auf Wirtschaftswachstum, Börsenkurse und Konsum ausgerichteten Gesellschaft.

Gedankenkarussell

Genug, raus aus dem Gedankenkarussell – ich muss mich entscheiden, der Onkologe hat mir meine Risiken vor Augen gestellt – für beide Fälle: Chemo mit der Gefahr, aufgrund einer ausgeprägten Immunsuppression ernsthaft, sehr ernsthaft, an Corona zu erkranken. Oder die Chemo nach vier von sechs geplanten Behandlungen abzubrechen…

Setze ich darauf, dass mit der Entfernung von Gebärmutter, Eileitern und Eierstöcken nebst den umliegenden Lymphknoten auch alle Krebszellen verschwunden sind? Setze ich darauf, dass die anschließenden fünf Bestrahlungen ihr Übriges zur Vernichtung der bösartigen Zellen getan haben? Setze ich darauf, dass vier Chemos ja „fast“ sechse sind …? Oder gehe ich mit der fünften und sechsten Chemo und meinem entsprechend weiter geschwächten Immunsystem auf eine kaum zu vermeidende Infektion mit dem Coronavirus zu? Und das selbst bei strengster häuslicher Quarantäne und sehenden Auges?

Namhafte Virologen prognostizieren eine „Herdenimmunität“, das heißt, der Großteil der Menschen wird sich mit dem Virus infizieren. Noch steigen die Zahlen täglich; die der Neuinfizierten und die der Toten. Einwand: Wir leben in Deutschland, hier liegt die Genesungsrate hoch und die Sterberate niedrig. Eine Scheinsicherheit?

Gesetzt den Fall, ich entscheide mich gegen die letzten beiden Chemos, wie stehe ich in einem halben Jahr, in zwei oder in fünf Jahren zu dieser Entscheidung? Fehlt mir – (meinem Kopf) – und mir (meinem Körper) – dann die Sicherheit der beiden letzten Chemo-Behandlungen? Kann es nicht sein, dass gerade die beiden letzten Chemos „der Bringer“ sind und mir ein längeres Leben verheißen? Und darauf verzichte ich jetzt? Stürze ich auch meinen Mann, der sich bei jeder Chemo rührend um mich mit meiner Übelkeit kümmert, und die Kinder in die Ängste einer neuen Krebserkrankung?

Nach der Operation war die von den Ärzten in der Tumorkonferenz empfohlene Strahlentherapie Pflichtprogramm, die adjuvante Chemotherapie dagegen eine sogenannte Kann-Indikation, um auch letzten eventuell verbliebenen Krebszellen den Garaus zu machen. Dennoch – bei jeder Chemo fühle ich, dass mein Körper alle Kräfte aufbietet, die dem Organismus so zusetzenden und dennoch heilenden chemischen Substanzen zu verarbeiten. Einen zweiten Feind in Form eines Virus in Schach zu halten, dazu habe ich keine Reserven mehr.

Ja – Medizin und Bauchgefühl

Wählen heißt entscheiden. Ich folge der tendenziellen medizinischen Empfehlung meines Onkologen. Er hat mich seit dem ersten Beratungsgespräch einfühlsam geleitet und begleitet. Ich vertraue ihm – und meinem Bauchgefühl. Mein Bauch plädiert für eine gestärkte Immunantwort, für ein fittes Abwehrsystem, für Widerstandskraft. Einer Infektion mit Corona schutzlos gegenüberzustehen – das ist meine größere Furcht. Ich weiß, was ich zu tun habe: Ich werde die Chemo abbrechen, stoppen, beenden.

Im Moment „lebt“ mein Blut von Bluttransfusionen und der medikamentösen Stimulation der Leukozytenbildung in den Knochen. Ich weiß, dass ich mich im Hier und Jetzt zwischen Pest und Cholera entschieden habe. Ich weiß, dass meine Entscheidung heute richtig ist. Und ich weiß, dass sie es auch bleibt: in einem halben Jahr, in zwei und in fünf Jahren.

Quelle: Befund Krebs 2/2020

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