Als Eierstockkrebs werden bösartige Tumoren bezeichnet, die sich aus dem Gewebe des Eierstocks gebildet haben. In über 70 % der Fälle bildet sich der Tumor an der Epithelschicht (Deck- und Drüsengewebe) des Eierstocks.
Im Jahr 2012 erkrankten in Deutschland ca. 69.500 Frauen an Brustkrebs und rund 7.400 an Eierstockkrebs, so ein Bericht des Robert Koch-Institutes. Für bis zu 10 % dieser Erkrankungen wird eine genetische, also vererbbare Veränderung (Mutation) als Ursache vermutet. Bei Vorliegen einer Mutation in den sog. BRCA-Genen (BRCA engl. BReast CAncer = Brustkrebs) kann das Erkrankungsrisiko bei über 90 % liegen. Krebserkrankungen kommen in den betroffenen Familien folglich stark gehäuft vor. Das Erkrankungsalter ist vergleichsweise niedrig, teilweise erkranken Frauen schon vor dem 30. Lebensjahr. Zu diesem Zeitpunkt ist die Familienplanung oftmals noch nicht abgeschlossen. Sowohl für erkrankte als auch gesunde Angehörige aus Risikofamilien stellen sich besondere Fragen, wenn es um das Thema Kinderwunsch geht.
Erkrankt eine Frau infolge einer genetischen Belastung an Krebs, sind, wie bei anderen onkologischen Erkrankungen, oftmals aggressive und lang andauernde Therapien notwendig, um die Krankheit wirkungsvoll zu behandeln. Eine Chemotherapie hat neben den bekannten Nebenwirkungen, wie Haarverlust und Übelkeit auch negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit (Fertilität). Eine Antihormontherapie beispielsweise wird über fünf Jahre empfohlen, sodass auch das zunehmende Alter die Wahrscheinlichkeit reduziert, auf natürlichem Wege schwanger werden zu können. In der ersten Phase zwischen Diagnoseschock und Therapieplanung ist bei Frauen mit Kinderwunsch daher zusätzlich die Aufklärung über Möglichkeiten der Kinderwunschbehandlung notwendig. Der betreuende Onkologe und spezialisierte Ärzte sind eine wertvolle Unterstützung, um gemeinsam mit der Patientin Wege zu finden, die die Chance auf eine Schwangerschaft nach Abschluss der notwenigen Behandlung erhöhen.
Diese Frage stellen sich gesunde, aber auch erkrankte Mutationsträger, die möglicherweise den Krankheitsverlauf nahestehender Verwandter mit erleben mussten. Die Wahrscheinlichkeit, die Genveränderung an eigene Kinder zu vererben, liegt theoretisch bei 50 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass Nachkommen das nicht mutierte Gen erben und daher eben kein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben, ist folglich gleich hoch. Aufklärung und kompetente Beratung zum tatsächlichen Krebsrisiko aller Familienmitglieder sind unbedingt notwendig. In Deutschland haben sich 17 universitäre Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs etabliert. So sind Anlaufstellen entstanden, die nicht nur beraten, sondern individuelle Diagnostik, Therapie, psychologische Begleitung und Forschung aus einer Hand realisieren. Im Ausland wird immer wieder die Möglichkeit diskutiert, nur Embryonen ohne Gendefekt weiter wachsen zu lassen. In Deutschland ist dieses bei BRCA-Mutationen durch das Gendiagnostik-Gesetz untersagt.
Neben einer medizinischen Beratung und psychologischer Begleitung ist der Austausch mit selbst Betroffenen in gleicher Situation ausgesprochen hilfreich und entlastend. Der gemeinnützige Verein BRCA-Netzwerk – Hilfe bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs hat sich 2008 gegründet. Das Netzwerk arbeitet in enger Kooperation mit den medizinischen Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs. Es stehen mehrere Gesprächskreise für einen persönlichen Austausch zur Verfügung. Beratungen sind ebenso telefonisch und via E-Mail möglich. Auf einer Website werden medizinisches Wissen und Erfahrungsberichte bereitgestellt sowie Ansprechpartner benannt. Gerade das sensible Thema des Kinderwunsches bei familiärer Belastung wird häufig von Ratsuchenden nachgefragt, und während der zumeist monatlichen Treffen in den Gesprächskreisen intensiv diskutiert.
Andrea Hahne
Vorsitzende BRCA-Netzwerk – Hilfe bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs e. V.
Quelle: Leben? Leben! 2/2012