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Vulvakrebs

Vulvakrebs ist eher selten, er macht nur etwa 4 bis 5 Prozent aller Genitalkarzinome aus. Frauen, die von Vulvakrebs betroffen sind, leiden meist unter Tumoren an den großen Schamlippen, aber auch die kleineren Schamlippen und die Klitorisregion können betroffen sein.

Vulvakrebs
© iStock - STEEX

Vulvakrebs – Ein Leben mit Tabus?

Bei der Diagnose Krebs gerät die Welt oft aus den Fugen. Wenn es sich dann noch um eine intime Erkrankung wie Vulvakarzinom oder einer Vorstufe (VIN) hiervon handelt, trifft es die Betroffenen doppelt hart. Wir stellen immer wieder durch den Erfahrungsaustausch mit betroffenen Frauen fest, wie sehr sich Patientinnen mit dieser seltenen Erkrankung schämen, weil ihr Genitalbereich betroffen ist.

Diese Scham geht soweit, dass sogar Hemmungen bestehen, sich der eigenen Familie und Freunden anzuvertrauen. Ein wichtiges Anliegen für unseren Selbsthilfeverein ist daher, durch unsere Tätigkeit auch bestehende Tabus und Vorurteile gegenüber unserer Erkrankung zu beseitigen. Beides wirkt sich nicht nur negativ auf die Bewältigung unserer Krebserkrankung aus, sondern kann nach unserem Eindruck auch einer der Gründe für die häufig verzögerte richtige Diagnose sein. Zum einen haben Frauen Hemmungen, ihren Genitalbereich regelmäßig mit einem Handspiegel auf Veränderungen zu untersuchen oder allgemein bestehende Beschwerden wie z. B. Juckreiz oder auffällige Hautstellen mit ihrer Frauenärztin/ihrem Frauenarzt zu besprechen. Diese Beschwerden können Anzeichen für ein Vulvakarzinom sein, können aber auch andere Gründe haben. Das Vulvakarzinom selbst hat mit seinen vielen Gesichtern keine typischen Auffälligkeiten, es kann sich ohne mit bloßem Auge zu erkennende oder anderweitig bemerkbare Symptome entwickeln. Zur Sicherheit sollten andauernde Veränderungen und Beschwerden einer diagnostischen Abklärung, beispielsweise in der Dysplasiesprechstunde, zugeführt werden.

Auf der anderen Seite stellt unsere seltene Erkrankung aber auch Mediziner vor Herausforderungen. So sehen wir uns in der medizinischen Fachliteratur, aber auch z. T. im Arzt-Patientinnengespräch, Mutmaßungen ausgesetzt, Ursache für das Vulvakarzinom seien u. a. eine mangelnde Hygiene und häufig wechselnde Geschlechtspartner. Aus unserer Arbeit mit über 700 Betroffenen lässt sich diese These jedenfalls nicht bestätigen. Unnötig zu erwähnen, wie verletzend und diskriminierend diese Diskussion für Patientinnen ist, die sich ohnehin in einer Ausnahmesituation befinden und u. a. genau wegen solcher Aussagen davor zurückschrecken, sich zu ihrer Krebserkrankung zu bekennen.

Wir fragen uns zudem, ob nicht solche Erklärungsversuche unbewusst mit dazu beitragen, eine richtige Diagnosestellung zu verhindern, weil die Patientin im Einzelfall nicht in ein derartiges Schema passt. Das gilt auch für die Einordnung als „Altweiberkrankheit“, obwohl bei jüngeren Frauen ein deutlicher Anstieg insbesondere bei den Vorstufen festzustellen ist. Durch unseren Erfahrungsaustausch wissen wir, dass etliche Jahre vergehen können, bis ein Vulvakarzinom diagnostiziert wird. Kaum eine Patientin besteht auf eine Abklärung durch eine Biopsie (Gewebeprobe), wenn ihre Beschwerden trotz Salben gegen Pilzerkrankungen, Herpes, Schleimhautschwund etc. nicht besser werden. Dabei ist die Früherkennung auch beim Vulvakarzinom von entscheidender Bedeutung. Noch besser wäre es, wenn bereits die Vorstufe diagnostiziert werden würde, denn dann ist im Regelfall eine Laservaporisation, d. h. die Verdampfung von Gewebe mittels Laser, möglich. Die Vorstufe könnte entfernt werden, ohne dass es üblicherweise zu dauerhaften Beeinträchtigungen kommt. Der offene Umgang mit unserer Erkrankung, das Herausholen aus der Schmuddelecke, ist sowohl für eine bessere Früherkennung von Bedeutung als auch für die Bewältigung der Erkrankung. Wir wünschen uns durch die Sensibilisierung von Frauen und Ärzten, die Ziel unserer Aufklärungsarbeit ist, dass die stiefmütterliche Behandlung des Genitalbereiches im Interesse unserer Gesundheit und unserer Lebensqualität ein Ende hat.

Offener Austausch über die Erkrankung

Wir können nur allen Frauen ans Herz legen, keine Scheu zu haben mit Ärzten und Angehörigen offen über die Erkrankung und ihre eventuellen Folgen, insbesondere für die Sexualität, zu sprechen. Sollte das nicht möglich sein, oder es danach offene Fragen geben, kann es hilfreich sein sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen, denn hier gibt es viele Frauen, die durch ihre persönliche Erfahrungen anderen Frauen helfen, und Ängste können abgebaut werden. In der Gruppe kommt das Gefühl der Isolation nicht auf, denn man ist nicht mehr alleine mit seinen Sorgen und Fragen. Gemeinsam kann man sich auf der Grundlage von aktuellen Informationen sachlich mit der Krankheit auseinandersetzen und ggf. sein verändertes Körperbild oder funktionelle Beeinträchtigungen besser akzeptieren. Lassen Sie es nicht zu, dass ihr Leben von Tabus bestimmt wird.

Enzia Selka
1. Vorsitzende VulvaKarzinom-SHG e. V.

Quelle: Leben? Leben! 2/2012

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