Gebärmutterhalskrebs sind bösartige Neubildungen, die aus Zellen des Gebärmutterhalses entstehen. Der Gebärmutterhals (Zervix uteri) ist der untere Teil der Gebärmutter (Uterus). Er verbindet den Gebärmutterkörper mit der Scheide.
Bereits Anfang der 1920er-Jahre vermuteten Mediziner einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Gebärmutterhalskrebs und einer Infektion mit dem Humanen Papillomavirus (HPV). Im Jahr 1972 begann der mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnete Krebsforscher Harald zur Hausen seine Untersuchungen, mit denen er einen Zusammenhang zwischen einer HPV-Infektion und Gebärmutterhalskrebs erforschen wollte. Rund zehn Jahre später gelang den Wissenschaftlern erstmals der Nachweis zweier HPV-Typen im Zellmaterial eines Zervixkarzinoms.
Humane Papillomaviren gehören zur Familie der Papillomaviridae. Ihre Erbsubstanz liegt als Doppelstrang-DNA (dsDNA) vor. HP-Viren sind streng wirtsspezifisch, d. h. sie treten ausschließlich beim Menschen auf. Sie befallen die obersten Zellschichten (Epithelzellen) der Haut oder Schleimhaut. Übertragen wird das Virus durch Kontaktinfektion. Erleichtert wird das Eindringen des Erregers durch kleinste Verletzungen des Epithels. Eine Infektion im Genitalbereich erfolgt vorwiegend durch ungeschützte Sexualkontakte.
Die Erbsubstanz des HP-Virus codiert u. a. Genprodukte, die den Zellzyklus beeinflussen. Sie sind u. a. in der Lage, die Apoptose – den programmierten Zelltod – zu verhindern. Auf diese Weise führen sie zu unkontrolliertem Zellwachstum. Einige der Virustypen verursachen gutartige Wucherungen (Genitalwarzen; auch Condylome oder Feigwarzen genannt). Andere hingegen können bei persistierender, d. h. andauernder Infektion zu malignen Neubildungen wie Gebärmutterhalskrebs führen. In den meisten Fällen kann das intakte Immunsystem das Virus jedoch erfolgreich bekämpfen und die Infektion abwehren. Aus diesem Grund erkranken nur rund 3 % der infizierten Frauen tatsächlich an Gebärmutterhalskrebs.
Von den heute mehr als 100 bekannten HPV-Typen stehen nicht alle unter dem Verdacht, bösartige Tumoren auszulösen. Je nachdem, ob sie maligne Erkrankungen hervorrufen können oder nicht, werden HP-Viren in sog. Hochrisiko- bzw. Niedrigrisiko-Typen untergliedert. Zu den Hochrisiko-Varianten zählen u. a. HPV-16 und HPV-18, die für rund 70 % der bösartigen Neubildungen am Gebärmutterhals verantwortlich sind. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft darüber hinaus die Typen HPV-31, -33, -35, -39, -45, -51, -52, -56, -58, -59 und -66 als Hochrisiko-Typen ein.
Gegen einige HPV-Typen (u. a. HPV-16 und -18) gibt es Impfstoffe, die u. a. zur Krebsprävention eingesetzt werden können. Die Impfstoffe enthalten leere Virushüllen (VLP, engl. virus like particles), die – da keine Erbsubstanz enthalten ist – keine Infektion hervorrufen können. Sie regen jedoch das Immunsystem zur Bildung spezifischer Antikörpern an. Kommt es danach zu einer Ansteckung mit dem echten HP-Virus, kann die Immunabwehr sofort reagieren und eine Infektion erfolgreich verhindern.
Neben der Infektion mit HP-Viren, die als Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs gilt, spielen vermutlich noch andere Faktoren eine Rolle. Beispielsweise können sich eine genetische Veranlagung oder ein geschwächtes Immunsystem begünstigend auf die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs auswirken. So gehen Experten derzeit davon aus, dass u. a. andere Infektionen im Genitalbereich, Ernährungsgewohnheiten oder Rauchen die Immunabwehr schwächen und so die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs fördern können.
Antje Habekuß