Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.
Jeder zweite Krebspatient erhält im Zuge seiner Behandlung eine Bestrahlung. Bei Brustkrebspatientinnen sind es mehr als 75 %, die bestrahlt werden. Möglich ist dies im Anschluss an eine brusterhaltende Operation, aber auch nach einer Mastektomie oder wenn sich bereits Metastasen gebildet haben.
„Die Bestrahlung ist ein lokales Verfahren, das im Rahmen einer Brustkrebsbehandlung Bestandteil des Heilungskonzeptes ist“, erklärt Prof. Dr. Daniel Zips, Universitätsklinikum Tübingen. I. d. R. werde es nach einer Operation im Rahmen eines kurativen (auf Heilung ausgerichteten) Konzeptes eingesetzt. Möglich ist darüber hinaus auch eine Bestrahlung als palliative Maßnahme, beispielsweise dann, wenn sich im Gehirn oder den Knochen Metastasen gebildet haben. Ein metastasierter Brustkrebs werde immer interdisziplinär behandelt, erläutert Prof. Zips. Die Bestrahlung könne dann in solchen Fällen helfen, Beschwerden zu lindern.
Vorwiegend wird die Bestrahlung bei der Behandlung von Brustkrebspatientinnen eingesetzt, deren Tumor aus der Brust entfernt wurde. „Sie kommt auch zum Zuge, wenn Patientinnen nach einer Mastektomie gewisse Risikofaktoren aufweisen“, bemerkt Prof. Zips. Risikofaktoren könnten in diesem Zusammenhang die Größe des Tumors sein oder die Tatsache, dass auch nach der Mastektomie möglicherweise Tumorzellen im umliegenden Gewebe zurückgeblieben sind. Auch dann, wenn Lymphknoten befallen sind, wird der Patientin eine Bestrahlung empfohlen.
Die Bestrahlung beginnt i. d. R. vier bis sechs Wochen nach der Operation. Voraussetzung ist, dass die Narbe abgeheilt ist und keine weiteren Maßnahmen, wie etwa eine Chemotherapie, nötig sind. Dies würde den Beginn der Bestrahlung im Behandlungsplan dann nach hinten verschieben. „Bei einer Bestrahlung werden i. d. R. Röntgenstrahlen eingesetzt, die die im Zellkern befindliche DNA schädigen. Sind diese Schäden irreparabel, stirbt die Zelle ab“, erklärt der Mediziner die Wirkungsweise der Behandlung. Auf diese Weise sollen noch mögliche vorhandene Tumorzellen zerstört werden. Im Gegensatz zu Tumorzellen sind gesunde Zellen in der Lage, sich nach der Schädigung durch die Röntgenstrahlen – die im betreffenden Gebiet erfolgt – zu regenerieren.
„Die Bestrahlung wird generell immer zielgerichtet dort eingesetzt, wo sich die Tumorzellen befinden“, erläutert Prof. Zips das Prinzip der Anwendung. I. d. R. sind mehrere Sitzungen, sog. Fraktionen, nötig und die Brust wird über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen an jedem Werktag bestrahlt. „Die Anwendung findet in Rückenlage statt, ist schmerzfrei und dauert fünf bis zehn Minuten“, erklärt er die Details.
Wurde die Patientin brusterhaltend operiert, wird die ganze Brust bestrahlt, der Bereich, an dem der Tumor gesessen hat besonders erfasst. Falls nötig ist es so möglich, diesen Bereich mit einer zusätzlichen Strahlendosis, Boost genannt, zu bestrahlen. Diese externe Bestrahlungstherapie wird bei der Brustkrebsbehandlung am häufigsten eingesetzt. Möglich ist auch eine intraoperative Bestrahlung, also eine Bestrahlung des betreffenden Areals noch während der Operation. „Von dieser Möglichkeit wird an einigen Brustkrebszentren Gebrauch gemacht. Der Bereich, an dem der Tumor saß, wird dann auf diese Weise bestrahlt, etwa mit einer auf diesen Bereich ausgerichteten höheren Strahlendosis“, erklärt Prof. Zips.
Unabhängig davon, welche Methode der Bestrahlung zum Einsatz kommt betont der Mediziner: „Die Strahlentherapie hat sich in den vergangenen Jahren hinsichtlich ihrer Präzision und ihrer Verträglichkeit erheblich verbessert.“ Aus diesem Grund treten bei einer Bestrahlung im Zusammenhang mit einer Brustkrebsbehandlung nur sehr selten schwere Nebenwirkungen auf. „I. d. R. sind die Nebenwirkungen mild, lokal begrenzt und auch nur vorübergehend“, betont Prof. Zips. Am häufigsten kommt es zu Problemen mit der Haut im Bestrahlungsfeld. Sie kann rot sein, sich entzünden, im Bereich des Narbengewebes zu Schmerzen führen oder auch jucken. Sind Patientinnen davon betroffen, rät der Mediziner, zusätzliche Reize, wie etwa Deo, Parfüm, reibende Kleidung oder Sonne im betroffenen Bereich zu vermeiden. Helfen könne das Auflegen eines Seidentuches zu Kühlung oder auch das Eincremen mit einer vitaminhaltigen Lotion, bemerkt Prof. Zips. Etwa 10 bis 20 % der Frauen sind darüber hinaus von offenen Stellen in der Haut betroffen. „Diese sollten sie unbedingt ihrem Strahlentherapeuten zeigen, denn dann kann eine spezielle Wundpflege nötig sein“, bemerkt der Experte. Möglich ist auch eine bräunliche Verfärbung der Haut, die aber ebenso wie die entzündeten Hautstellen nach Ende der Bestrahlung i. d. R. wieder verschwindet.
Vor allem Patientinnen, die zuvor eine Chemotherapie erhalten haben, fühlen sich während der Strahlentherapie müde und schlapp, leiden unter dem sog. Fatigue-Syndrom. Auch dies hält nur selten dauerhaft an, auch wenn es etwas länger braucht, bis es überwunden ist. „I. d. R. kehren berufstätige Frauen auch wieder an ihren Arbeitsplatz zurück“, verdeutlicht Prof. Zips.
Nur sehr selten treten schwerwiegende Nebenwirkungen auf, wie eine Entzündung des an das Bestrahlungsfeld angrenzenden Lungengewebes oder Herzerkrankungen (bei Bestrahlungen im Falle von linksseitigem Brustkrebs). „Diese Risiken sind allerdings dank der modernen Strahlentherapie sehr gering. Es ist heute möglich, die Strahlen besser zu bündeln. Das Risiko, das Herz zu schädigen und beispielsweise einen Herzinfarkt zu erleiden ist deswegen gering, sogar kleiner als bei einem Raucher oder Diabetiker“, verdeutlicht Prof. Zips.
Trotz dieser guten Verträglichkeit sind Ärzte bemüht, nur Patientinnen zu bestrahlen, die dies für ihre Heilung benötigen. Deshalb werden immer wieder Studien durchgeführt, mit denen Ärzte herausfinden möchten, welche Patientin tatsächlich von einer Bestrahlung profitiert und welche diese im Grunde nicht braucht. „Auch die Strahlentherapie wird sich künftig stärker differenzieren. Das gleiche Konzept der Bestrahlung für eine große Gruppe an Betroffenen wird es so nicht mehr geben, sondern die Bestrahlung wird individueller und gezielter eingesetzt werden im Zusammenhang mit dem Anspruch an eine personalisierte Behandlung“, erläutert Prof. Zips. „Dennoch sehe ich nicht, dass wir auf eine Bestrahlung verzichten können.“ Patientinnen, die skeptisch gegenüber einer Strahlentherapie eingestellt sind, beispielsweise Angst vor Nebenwirkungen haben, rät er, dies unbedingt mit dem Arzt zu besprechen: „Mediziner möchten die Betroffenen nie zu einer Bestrahlung überreden. Für uns Ärzte ist es nur wichtig, dass die Patientinnen verstehen, warum wir diese Behandlung für notwendig halten. Dann ist es möglich, gemeinsam eine Entscheidung zu treffen.“
Quelle: Leben? Leben! 2/2016