Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.
In Gesprächen mit Brustkrebspatientinnen über das Thema „Nachsorge“ gibt es sehr viele Unklarheiten, die mitunter große Ängste auslösen. Das liegt u. a. daran, dass es kein universell für alle verwendbares Nachsorgekonzept gibt. Jede Diagnose bzw. jeder Tumor hat seine Besonderheiten und erfordert daher eine individuelle, auf die jeweilige Patientin bezogene Nachsorge.
Nachsorgeuntersuchungen dienen nicht nur dazu, in ausführlichen Gesprächen Rückfälle frühzeitig zu erkennen oder evtl. Nachwirkungen der Chemotherapie zu behandeln, sondern auch Nebenwirkungen der bei einigen Frauen adjuvant erforderlichen hormonellen Therapie zu erkennen. Es geht ferner um psychoonkologische und psychosoziale Begleitung, um Tipps für eine gesunde Ernährung oder z. B. eine Vermittlung an Selbsthilfegruppen oder Psychotherapeuten.
Vorab müsste aber in etwa festgelegt werden können, in welchem Zeitrahmen insgesamt und wie engmaschig Untersuchungen nötig sind oder auch, welcher Arzt (Onkologe, Gynäkologe, Hausarzt oder Ärzte in Klinikambulanzen) wofür zuständig ist und, was die Patientin überhaupt von der Nachsorge erwarten kann. Sicher ist, dass Betroffene mit Metastasen oder erblichem Brustkrebs sich in kürzeren Abständen zu einer intensivierten Früherkennung beim Arzt vorstellen sollten. Sinnvoll wäre es trotzdem, wenn jede Praxis ein klares, am besten schriftlich fixiertes Nachsorgekonzept für verschiedene „Fallgruppen“ hätte.
So wie ich es bei betroffenen Frauen erlebe, machen diese unterschiedlichen Vorgehensweisen Angst. Es führt auch zu Vergleichen: „Warum bekommt Frau XY ein MRT und ich nicht? Die ist wohl privat versichert.“ Oder umgekehrt: „Warum ist bei mir ein MRT nötig und bei Frau Z nicht? Bin ich vielleicht ein besonders aussichtsloser Fall?“. Meist spielen für die Entscheidung, ob MRT oder nicht, ganz andere Aspekte eine Rolle, die man weder als positiv noch als negativ bezeichnen kann. Wenn man sich verunsichert fühlt, sollte man am besten den Arzt genauer fragen, warum im eigenen Fall ausgerechnet diese bestimmte Diagnostik nötig ist.
Vor längerer Zeit wurden in der Nachsorge beispielsweise Knochenszintigrafien in regelmäßigen Abständen gemacht, um eventuelle Knochenmetastasen, die bei Brustkrebs leider häufiger auftreten können, frühzeitig festzustellen. Aufgrund der radioaktiven Belastung wird heute allerdings nur bei entsprechenden Beschwerden eine Szintigrafie gemacht. Untersuchungen zeigten, dass es keinerlei Vorteile bringt, ohne konkreten Verdacht oder einfach nach einem starren Zeitraster zu untersuchen. An der Gesamtüberlebenszeit ändert sich – statistisch – nichts!
Mich hat dieses Vorgehen während meiner Brustkrebszeit sehr verunsichert, und ich hätte gern alle möglichen Untersuchungen über mich ergehen lassen, um auf der vermeintlich sicheren Seite zu sein. Mit etwas Abstand finde ich diese Regelung, nur bei Verdacht eine entsprechende Diagnostik in die Wege zu leiten, durchaus sinnvoll. Es fällt eine Menge Stress weg, da nicht ständig Kontrollen gemacht werden und in vielen Praxen auch nicht jedes Mal der Tumormarker bestimmt wird. Vor solchen Untersuchungen sind dann viele bereits in Alarmbereitschaft; zumindest war es bei mir oft so. Man darf hierbei auf gar keinen Fall vergessen, dass Angehörige und enge Freunde mit im Boot sind und sich evtl. auch vorher bereits große Sorgen machen. Dieser Stress ist für alle deutlich geringer, wenn man nicht ständig zu Nachsorgeuntersuchungen aufgerufen ist. Auch kann es falsch-positive Befunde geben, die mitunter mühsame, kostenintensive und immer auch mit ängstlichen Gefühlen verbundene Nachuntersuchungen erfordern.
Für mich ist es aber nach wie vor keine Lösung, gar keine Folgeuntersuchungen machen zu lassen. Leider erlebe ich häufiger, dass die Angst vor der Mammografie so groß ist, dass einige Frauen gar nicht mehr dorthin gehen oder denken, dass die Strahlenbelastung so hoch ist, dass man allein davon schon Brustkrebs bekommt. Das stimmt so einfach nicht. Er reicht auch nicht, nur die Sonografie machen zu lassen, weil bestimmte Zellanordnungen damit nicht unbedingt erkennbar sind.
Häufig trauen sich Frauen bei den Nachsorgegesprächen nicht, dem Arzt mitzuteilen, dass sie die hormonelle Therapie abgebrochen haben. Tamoxifen und Aromatasehemmer bieten aber einen großen Schutz und gerade, wenn man die Medikamente wegen Nebenwirkungen nicht mehr nehmen möchte, sollte man das mit dem Arzt besprechen, um einschätzen zu können, wie wichtig eine Behandlung mit Antiöstrogenen sein kann oder ob man evtl. doch darauf verzichten könnte.
Die Ängste vor den Untersuchungen kann man sehr schlecht komplett eliminieren und sich darauf „mental vorzubereiten“, ist auch alles andere als einfach. Meine Ängste werden aber auf jeden Fall etwas weniger, wenn ich gut informiert bin und in etwa Bescheid weiß, was man im ungünstigsten Fall tun könnte. Ich erlebe das auch so bei den Frauen in meinem Verein. Weiter kann helfen, gezielt darüber zu sprechen, was genau einem Angst macht. Wenn man sich die Probleme, die während der Nachsorge eigentlich immer mal auftauchen, einzeln ansieht, vielleicht zusammen mit Nahestehenden oder Psychoonkologen, verlieren sie häufig an Bedrohlichkeit.
Viele Frauen können aber keine negativen Gedanken zulassen, meiden Themen, die mit Krankheit zu tun haben, lenken sich ab, kümmern sich altruistisch um andere, stürzen sich in die Arbeit oder wollen auf gar keinen Fall mit dem Tod konfrontiert werden. Diese Art der Verdrängung mag für einige der richtige Weg sein, birgt aber die Gefahr, irgendwann ganz zusammenzubrechen, wenn die Verdrängungsmechanismen nicht mehr greifen. Leider habe ich das bei betroffenen Frauen schon einige Male miterlebt. Jede Frau muss selbstverständlich aber auch hier ihren eigenen Weg finden.
Die folgenden Zitate helfen mir bis heute beim „Dranbleiben“ und den für mich richtigen Weg weiterzugehen:
„Wissen ist Macht und damit die Abkehr von Ohnmacht.“
„Man braucht nichts im Leben zu fürchten, man muss nur alles verstehen.“
Nicola Nordenbruch
AMOR statt Tumor e. V. – Verein für Frauen mit Brustkrebs
Quelle: Leben? Leben! 3/2019