Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Er stemmt’s: Der gebürtige Weinviertler Matthias Steiner, Ex-Spitzensportler und Olympiasieger im Gewichtheben, im Interview über sein ganz persönliches Management von Diabetes Typ 1 und sportlichen Höchstleistungen.
Sie sind mit 18 Jahren an Diabetes Typ 1 erkrankt und man gab Ihnen wenig Aussicht, damit Spitzensport betreiben zu können. Wie haben Sie das trotzdem geschafft, sowohl mental als auch körperlich?
Die Diagnose Diabetes Typ 1 bringt natürlich eine enorme Veränderung mit sich. Vor allem mental. Man weiß ja kaum, was einen erwartet und ob man im Alltag wirklich eingeschränkt ist. Also hilft nur eines: sich ein Ziel setzen. Natürlich kann das nicht bei jedem ein Olympiasieg sein, aber wenn man seine vorher gesteckten Ziele weiterhin versucht zu erreichen, dann ist das ein Riesenschritt. Denn man muss ja erst einmal mit der neuen Situation umgehen im Alltag. Schule, Beruf, was auch immer, sind ganz normal zu meistern, aber eben mit einer gewissen Vorbereitung darauf.
Stichwort Alltag: Wie gestaltet sich dieser für einen professionellen Gewichtheber, der an Diabetes erkrankt ist? Und wie hat sich der Umgang mit dem Diabetes verändert, als Sie vor rund zwei Jahren aus dem Profisport ausgestiegen sind?
Zum einen geben sich Diabetes und Leistungssport die Hand, denn beides erfordert ein gewisses Maß an Disziplin. Der Sport hat seine regelmäßigen Abläufe, somit kann man natürlich auch den Diabetes darauf einstellen. Allerdings ist es dann doch nicht so einfach, denn der Leistungssport, vor allem Gewichtheben, hat permanent unterschiedliche Belastungen und Belastungsspitzen. Somit ist es schwierig, die Werte Tag für Tag auf einem Level zu halten. Das hat sich dann nach Beendigung meiner Laufbahn stark verbessert. Denn nun kann ich auf die Werte viel besser eingehen und mache dann Sport, wenn es passt. Auch die körperliche Belastung ist nicht mehr so enorm, und ich habe kaum noch stärkere Schwankungen. Es kam dann ein Jahr nach Beendigung meiner Karriere auch noch die Insulinpumpe hinzu, die noch einmal enorme Verbesserungen in den Details geschaffen hat. Die Nachtwerte sind jetzt absolut stabil und ich kann tagsüber viel flexibler Sport treiben.
Was hat sich aus Ihrer Sicht im gesellschaftlichen Umgang mit der Krankheit verändert, seit Sie davon betroffen sind? Merkt man Verbesserungen?
Manche Dinge wurden schon deutlich besser. An erster Stelle ist da sicher die Technik. Die Pumpen und Messgeräte wurden präziser. Mich freut auch, dass es mittlerweile auf fast jeder Nahrungsmittelverpackung Nährwertangaben gibt, wenngleich wir Typ-1-Diabetiker sicher nicht der Hauptgrund dafür sind. Was allerdings immer noch schleppend läuft – und daran arbeite ich – ist die Tatsache, dass – wenn man überhaupt über Diabetes Bescheid weiß – Typ 1 und 2 gerne verwechselt werden. Und es herrscht auch ein gefährliches Halbwissen vor. Ich will mit dem „Darauf-aufmerksam-Machen“ eigentlich auch alle gesunden Menschen erreichen, denn das Verstehen und der Umgang mit Lebens- und Nahrungsmitteln schwinden immer mehr.
Die Teilnahme an einer Tanzshow stellte Sie als Diabetes-Typ-1-Patient sicher wieder vor besondere Herausforderungen. Worauf mussten Sie hier achtgeben?
Ich musste jetzt nicht mehr beachten als zu meinen Leistungssportzeiten. Es galt für mich jetzt einfach nur, in kurzer Zeit herauszufinden, wie regelmäßiges Tanzen sich auf meinen Zuckerspiegel auswirkt. Aber körperlich habe ich mich mit Sicherheit beim Gewichtheben mehr verausgabt. Den Faktor Aufregung durfte ich natürlich auch nicht vernachlässigen, denn sonst sind die Werte nur schwer kontrollierbar.
Als prominenter Diabetiker im Spitzensport waren bzw. sind Sie für viele ein Vorbild. Wie gehen Sie damit um?
Ich fordere es ja regelrecht heraus, darauf angesprochen zu werden. Das liegt nicht daran, dass unbedingt jeder wissen soll: Ich habe eine Krankheit. Sondern ich will vielmehr zeigen, was mit Diabetes alles möglich ist. Es gibt zu viele Kinder, die in Kindergärten, Schulen etc. benachteiligt werden. Die brauchen eine starke Stimme und die möchte ich ihnen auch leihen. Wer hat denn schon die Chance, in allen möglichen Sendungen und Veranstaltungen darüber zu reden? Solange man mir noch zuhört, werde ich darüber reden.
Quelle: Befund Diabetes Österreich 1/2015