Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Kinder mit Diabetes sollten ein möglichst normales Leben führen – mit allem, was dazugehört, genau wie stoffwechselgesunde Kinder auch. Das gilt auch für die Schule. Dies betonte Jutta Bürger-Büsing, Präsidentin des BdKJ, kürzlich bei einem Vortrag.
Die Schulpflicht besteht für alle Kinder, daher müssen Eltern dafür Sorge tragen, dass ihre Kinder „beschulbar“ sind, so Jutta Bürger-Büsing: „Unbeschulbare Kinder und Jugendliche sind z. B. solche Kinder, bei denen sich schwere und frühe Traumatisierungen und Bindungsstörungen nachweisen lassen, die ihre soziale Lernfähigkeit entscheidend verletzen sowie Kinder, die unter schweren psychischen Störungen leiden.“
Kinder mit Diabetes hingegen könnten ganz normal in die Regelschule gehen: „Unbestritten ist, dass Kinder mit Diabetes genauso leistungsfähig und in gleichem Maße belastbar sind, wie ihre Mitschüler. Sie besitzen multiple Begabungen und sind sehr oft, bedingt durch ihre Erkrankung, mit mehr Disziplin ausgestattet als stoffwechselgesunde Kinder ihres Alters“, sagte Jutta Bürger-Büsing. Sie habe in vielen Gesprächen mit Kindern und Eltern festgestellt, dass diabetische Kinder keine Sonderrolle zugewiesen haben möchten: „Dies ist auch nicht nötig, denn was diabetische Kinder brauchen, ist manchmal etwas mehr Aufmerksamkeit und die Unterstützung seitens der Lehrer.“ Zu den typischen Problemen in der Schule gehören z. B. Unterzuckerungen, auch während Klassenarbeiten, das Essen und die Messung des Blutzuckers während des Unterrichts oder der Ausschluss von Ausflügen und Klassenfahren.
Doch wie können Eltern ihre Kinder richtig unterstützen? Jutta Bürger-Büsing schlägt vor, dass Eltern Informationsmappen über Diabetes für die Lehrer und insbesondere für den Sportlehrer mit den individuellen Anzeichen einer Hypo- bzw. Hyperglykämie, dem Spritzschema des Kindes und den Blutzuckerwerten, bei denen es Korrekturbedarf gibt, erstellen. Hilfreich sei dabei die Broschüre: „Diabetes in der Schule“ der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie. Auch eine Schulung des Kollegiums durch Fachkräfte sei eine Möglichkeit. Der Lehrer sollte in seinem Pult zudem Traubenzucker oder Fruchtsaft für den Fall einer Unterzuckerung bereithalten. Bei kleineren Kindern ist es zudem wichtig, einen genauen Plan mit Blutzuckerwert, Mahlzeit und Insulindosis sowie berechnete Mahlzeiten mitzugeben.
Lehrer selbst können aber auch einiges zur Unterstützung beitragen, indem sie z. B. erlauben, dass Kinder mit Diabetes jederzeit Blutzucker messen und ggf. essen dürfen. Zudem sollten sie über die Anzeichen einer Unterzuckerung Bescheid wissen. Kinder dürfen nach einer Hypoglykämie niemals allein nach Hause geschickt werden. Im Sportunterricht kann der Lehrer eine Vorabinformation über die körperliche Anstrengung geben.
Lehrer sind nicht verpflichtet, zu spritzen oder Blutzucker zu messen, sagte Jutta Bürger-Büsing. Sie können dies jedoch freiwillig tun, wenn Eltern in einer schriftlichen Erklärung auf Regressanforderungen verzichten sowie sie fachlich unterwiesen worden sind. Ein detaillierter Notfallplan sollte ebenfalls bereitstehen. Bei aller notwendigen Unterstützung stellte Jutta Bürger-Büsing auch noch mal ganz klar heraus: Kinder mit Diabetes wollen keine durch Mitleid geprägte Behandlung erfahren und keine Außenseiter sein.
Quelle: BD 4/2011