Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Wenn Kinder die Diagnose Typ-1-Diabetes erhalten, gerät die Familie – zumindest zeitweise – aus dem Gleichgewicht. Denn die Tatsache, dass das Kind an einer unheilbaren Krankheit leidet und von nun an täglich Insulinspritzen, Blutzuckermessen, Berechnen der Mahlzeiten und Überwachen des Stoffwechsels auf dem Plan stehen, verunsichert und überfordert anfangs viele Eltern.
Sie müssen nun auf mehreren Ebenen „funktionieren“: einerseits ganz praktisch den richtigen Umgang mit dem Diabetes erlernen und sich medizinisches Wissen aneignen, aber auch auf psychologischer Ebene Ängste und Sorgen um die Gesundheit ihres Kindes verarbeiten. Zumal besonders kleine Kinder die Notwendigkeit der Therapie noch nicht verstehen können und sich oft gegen das mehrmals tägliche Stechen zum Blutzuckermessen oder Insulinspritzen wehren. Eltern fällt es dann verständlicherweise oft schwer, ihrem Kind mehrmals am Tag „weh zu tun“. Laut der Stiftung Dianiño kann sich dies immer wieder aufs Neue zu einem „Alptraum“ gestalten: „Das Kind läuft vor der Spritze weg, versteckt sich und muss festgehalten werden. Das belastet das Eltern-Kind-Verhältnis sehr. Viele Eltern sind schon nach einiger Zeit der lebenslangen Behandlung erschöpft und ausgebrannt.“
Wichtig ist es daher, dass Eltern sich die Hilfe suchen und ins Haus holen, die sie brauchen. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen sollten Eltern sich genau mit dem behandelnden Arzt absprechen, alle Fragen stellen, die sie auf dem Herzen haben und sichergehen, dass sie wirklich verstanden haben, worum es bei der Behandlung des Diabetes geht. Hierbei hilft auch eine Schulung weiter, die sich insbesondere bei kleinen Kindern vor allem an die Eltern und Angehörigen des Kindes richtet. Sie findet als erstes im Krankenhaus statt, doch auch für die Zeit danach gibt es, so die Pharmazeutische Zeitung, „psychologisch hervorragend konzipierte Schulungsprogramme, die für die Eltern zusätzliche Informationen zum Diabetes und für den Umgang in der Familie bieten“. So rät der Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Diabetiker Bunds dazu, dass Eltern und Kind „Experten in eigener Sache“ werden. Bei der Schulung kann die Familie Alltagssituationen, wie Sport und Freizeit, besprechen und gemeinsam einen persönlichen Plan erarbeiten. Der praktische Umgang mit dem Diabetes wird ebenfalls geübt, beispielsweise, worauf man bei der Fußpflege achten muss oder wie der Blutzucker richtig gemessen wird.
Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann hilfreich sein. Hier kommen Selbsthilfegruppen infrage, aber auch Internetangebote und Plattformen, auf denen sich Eltern untereinander austauschen können. Wenn der Stress und die Überforderung in der Familie zu groß werden, können sog. Diabetes-Nannys helfen, ein Angebot der Stiftung Dianiño. Diese „Nannys“ sind besonders geschult und erfahren im Umgang mit diabeteskranken Kindern. Siehelfen überall dort weiter, wo es notwendig ist: innerhalb der Familie, in der Kommunikation mit den Behörden oder anderen Institutionen wie Schule und Kindergarten sowie bei den vielen praktischen Abläufen, die der Diabetes mit sich bringt, wie Blutzuckermessen oder Insulingabe.
Angst bleibt in vielen Fällen ein ständiger Begleiter in Diabetesfamilien, mal mehr, mal weniger. Doch die Angst vieler Eltern ist psychologisch gesehen nicht ungewöhnlich, sondern eine „angemessene Gefühlsreaktion“, vor allem vor einer unklaren Zukunft was Folgeerkrankungen, weitere Entwicklung, Lebensperspektiven und Entfaltungsmöglichkeiten des Kindes betrifft, informiert die Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Wichtig sei jedoch im weiteren Verlauf, dass die Angst der Eltern nicht die Entwicklung der altersgemäßen Selbstständigkeit behindert. „Ein Kind mit Diabetes muss daher lernen, zu einer entwicklungsmäßig angemessenen Zeit das an der Diabetestherapie zu übernehmen, was es übernehmen kann und möchte.“
Quelle: Befund Diabetes 3/2015