Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Was wird betroffenen Kindern und Familien bei Diabetes-Schulungen mitgegeben? Welche Herausforderungen und Probleme werden behandelt? Und wie steht es in der Praxis um die passende medizinische und psychologische Betreuung von Diabetes-Kindern?
Diabetes mellitus ist die häufigste endokrine (auf das Hormonsystem bezogene) und metabolische (den Stoffwechsel betreffende) Erkrankung im Kindesalter. Weltweit gibt es derzeit etwa 500.000 Diabetiker, die jünger als 15 Jahre sind, etwa 25 % davon in Europa. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt um etwa 3 % pro Jahr. In Österreich erkranken statistisch gesehen 18,4 von 100.000 Einwohnern pro Jahr. „Anfangs ist es natürlich ein Schock für Eltern und Kind“, stellt Dr. Kitzler, Klagenfurt, fest: „Eltern berichten immer wieder, dass gerade zu Beginn eine umfassende professionelle Unterstützung wünschenswert wäre, die aber laut Studie oft nicht ausreichend angeboten wird“, so der Experte.
In eigenen Schulungen für Kinder mit Diabetes wird z. B. der richtige Umgang mit der Insulinpumpe oder auch das kontinuierliche Blutzuckermessen trainiert. Doch eine umfassende Schulung für Kinder mit Diabetes muss weit über diese „technischen“ Themen hinausgehen, wie auch der Kinderarzt bestätigt: „Es gibt im Zusammenleben noch andere wichtige Themen. Allein die emotionalen Probleme in der Pubertät stellen die gesamte Familie vor eine große Aufgabe“, sagt Dr. Kitzler. „So eine Diabetesschulung für Kinder muss ständig an Alter, Verständnis der Betroffenen und auch an die Therapiemöglichkeiten angepasst werden“, so der Diabetologe, denn: „Eine Diabetestherapie ist individuell zu gestalten. Der Langzeitwert HbA1c sollte nicht der alleinige Indikator sein, ob eine Familie und ein diabetisches Kind mit dem Diabetes zurechtkommen. Leider mangelt es gerade hier auch oft am Verständnis der Therapeuten.“ Außerdem sei beispielsweise auch der Übergang der erkrankten Kinder nach dem 18. Lebensjahr in Erwachsenenabteilungen in Österreich und auch international gesehen ein ungelöstes, vernachlässigtes Problem.
Daher seien auch Selbsthilfegruppen hier eine enorme Unterstützung, weil etliche Probleme, die über das rein Medizinische hinaus gehen, zu bewältigen seien: „Für viele ist es oft schwierig, dem Kind den gleichen Freiraum zu geben wie einem nicht diabetischen Kind. Es kommt zum Spontanitätsverlust, weil immer alles geplant werden muss“, erklärt Dr. Kitzler. „Das Diabetesleben wird zwar akzeptiert, aber man ist trotzdem frustriert – die Kinder sind angeblich gesund, aber unsichtbar krank, wollen unabhängig sein und müssen trotzdem ständig überwacht werden, wenn es um den Blutzucker oder die Broteinheiten geht.“ An entsprechender, umfassender Unterstützung mangle es jedoch: „In Diabetesteams etc. fehlt es oft an Psychologen, und es fehlt auch an Diabeteskompetenzzentren, die den Kliniken vorgeschaltet wären“, ortet der Diabetologe ein „komplettes Fehlen des politischen Willens“. Denn auch die entsprechende Honorierung der Diabetesbehandler in der Praxis sei nicht gegeben. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Angebot an Informations- und Schulungsmöglichkeiten für Eltern und Kinder vergrößert.
Quelle: Befund Diabetes Österreich 2/2015