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Brustkrebs

Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.

Brustkrebs
© iStock - praetorianphoto

Antiöstrogen oder Aromatasehemmer bei Brustkrebs?

Bisheriger Stand der Hormontherapie

Seit über 30 Jahren wird Tamoxifen in der Hormontherapie des Mammakarzinoms erfolgreich eingesetzt. Grundlage für die Hormontherapie ist die Tatsache, dass viele Tumorzellen Hormonrezeptoren (Östrogen- und Progesteronrezeptoren) auf ihrer Oberfläche tragen, an die das Sexualhormon Östrogen bindet. Diese Hormonrezeptoren kann man durch bestimmte Färbetechniken auf dem Brustkrebsgewebe nachweisen. Sind auf dem Gewebe Hormonrezeptoren vorhanden, spricht man von „rezeptorpositiven“ Tumoren. Fehlen die Rezeptoren, handelt es sich um einen „rezeptornegativen“ Tumor. Patientinnen mit rezeptorpositivem Brustkrebs können gezielt mit einer Hormontherapie behandelt werden.

Das Antiöstrogen Tamoxifen bindet an den Östrogenrezeptor und verhindert so die Anlagerung des körpereigenen Östrogens. Damit wird dem Krebs sein Wachstumssignal und damit gleichsam sein „Futter“ entzogen. Allerdings ist die Blockade der Östrogenwirkung auf die Tumorzellen bei Tamoxifen nicht ganz vollständig, sodass in den letzten Jahren intensiv an der Weiterentwicklung der Hormontherapie gearbeitet wurde. Die dabei entwickelten neuen Aromatasehemmer verhindern die Entstehung des körpereigenen Östrogens aus bestimmten Hormonvorstufen.

Aromatasehemmer neben Tamoxifen neuer Standard als initiale Therapie des frühen Brustkrebses

In großen klinischen Studien, die insgesamt an mehreren tausend Patientinnen durchgeführt wurden, konnte die Wirksamkeit der Aromatasehemmer bewiesen werden. Mittlerweile werden die Aromatasehemmer sowohl bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom als auch in der adjuvanten Behandlung, d. h., bei Patientinnen mit Brustkrebs in frühen Erkrankungsstadien, in zunehmendem Maße eingesetzt. In der adjuvanten Therapie sind dabei insbesondere zwei Studien bahnbrechend: die ATAC-Studie (Arimidex Tamoxifen Alone or in Combination), bei der mehr als 9.300 Patientinnen über einen Zeitraum von fünf Jahren entweder mit Anastrozol oder mit Tamoxifen behandelt wurden und die BIG-1-98 Studie der International Breast Cancer Study Group mit über 8.000 Patientinnen, in der der Aromatasehemmer Letrozol mit Tamoxifen verglichen wurde. Beide Studien konnten zeigen, dass durch die Behandlung mit einem Aromatasehemmer das Rückfallrisiko im Vergleich zu Tamoxifen reduziert werden konnte.

Das Wiederauftreten der Erkrankung, ein Krebsbefall in der gesunden Brust sowie die Streuung der Krebszellen in andere Organe konnte in vielen Fällen verhindert werden. Das Rückfallrisiko von Brustkrebspatientinnen, das durch Tamoxifen bereits etwa halbiert wird, verringert sich dank Anastrozol noch einmal um 26 % (siehe Abb. 1). Neben der gesteigerten Wirksamkeit konnten die Aromatasehemmer aber auch mit einer besseren Verträglichkeit punkten. Die Rate schwerer Nebenwirkungen war unter Anastrozol-Behandlung in der ATAC-Studie nur etwa halb so hoch und wegen seiner besseren Verträglichkeit wurde der Aromatasehemmer auch seltener abgesetzt. Typische Nebenwirkungen von Tamoxifen sind Hitzewallungen, Vaginalblutungen und Ausfluss. Es besteht aber auch ein gewisses Risiko für das Auftreten von zerebrovaskulären Ischämien (Blutgerinnsel im Gehirn), Thromboembolien (Blutgerinnsel) und Krebs der Gebärmutterschleimhaut. Diese Nebenwirkungen blieben vielen Frauen bei der Behandlung mit Aromatasehemmern erspart.

Bei Patientinnen mit bestehenden Polyarthrosebeschwerden oder Osteoporose sollte jedoch beachtet werden, dass bei Anwendung von Aromatasehemmern spezifische Nebenwirkungen in Form von erhöhten Gelenksschmerzen und erhöhter Knochenbruchgefahr nach jahrelanger Anwendung beschrieben werden. In solchen Fällen kann eine Therapie mit Tamoxifen sinnvoller sein. Arzt und Patient sollten dies in einem gemeinsamen Gespräch abklären.

Da das Risiko, einen Rückfall zu erleiden, in den ersten drei Jahren nach Operation am höchsten ist, zeigt sich der Vorteil der Aromatasehemmer besonders in den ersten Therapiejahren. In mehreren klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass die Patientinnen auch von einer Umstellung auf einen Aromatasehemmer nach einer zwei- bis dreijährigen Tamoxifentherapie profitieren. Das gilt sowohl für das Anastrozol als auch für das Exemestan. In zwei großen Studien (ABCSG 8 und ARNO; ES-031-Studie) konnte eine erhebliche Risikoreduktion gegenüber einer 5-jährigen Tamoxifentherapie belegt werden.

Aromatasehemmer auch bei Wechsel in der adjuvanten Therapie besser als Tamoxifen

Basierend auf diesen Studienergebnissen wird von den führenden Brustkrebsexperten seit Anfang diesen Jahres bei rezeptorpositiven Brustkrebspatientinnen als adjuvante Therapie ein Aromatasehemmer von Beginn an oder nach zwei bis drei Jahren Tamoxifen empfohlen. Die bisherige Standardbehandlung mit Tamoxifen wird damit durch die modernen Aromatasehemmer um eine weitere Therapieoption erweitert. Anastrozol kann uneingeschränkt in der adjuvanten Behandlung postmenopausaler Frauen mit Brustkrebs eingesetzt werden. Nachdem sich in der ATAC-Studie gezeigt hat, dass durch die Behandlung mit Aromatasehemmern auch das Auftreten von Brustkrebs in der anderen, gesunden Brust gesenkt werden kann, wird zurzeit in einer internationalen klinischen Studie (IBIS-II) in einem nächsten Schritt der spannenden Frage nachgegangen, Anastrozol zur Prävention, also zur Vermeidung von Brustkrebs bei gesunden Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko, zu untersuchen.

Fazit

Nachdem über Jahrzehnte Tamoxifen als Goldstandard in der adjuvanten Therapie galt, hat sich nun mit der Entwicklung der Aromatasehemmer eine neue Therapieoption etabliert. Durch die Mitwirkung vieler tausender Frauen an klinischen Studien ist es möglich geworden, die Hormontherapie bei der adjuvanten Behandlung von Brustkrebs weiterzuentwickeln und uns damit auf dem Weg voranzubringen, Frauen mit Brustkrebs besser, gezielter und wirksamer zu behandeln.

Dauer der antihormonellen adjuvanten Therapie

Bisher galt für die Dauer der antihormonellen Therapie ein Zeitraum von fünf Jahren als ausreichend. Im Dezember 2012 wurde die ATLAS Studie veröffentlicht, die eindeutig belegen konnte, dass für alle Frauen, egal welcher Altersstufe, und unabhängig vom Menopausenstatus, eine Fortführung der antihormonellen Therapie über fünf Jahre (Therapiedauer 5.-10. Jahr nach Diagnosestellung) hinaus mit einer bis zu 3 %-igen Überlebensverbesserung verbunden ist.

Das war bisher nur für Frauen in der erweiterten adjuvanten Therapie (EAT) bekannt. In diesem Falle wurden Frauen, die eine fünfjährige Tamoxifentherapie Rückfallfreit überstanden hatten, und die sich in der Menopause befanden für weitere fünf Jahre mit einem Aromatasehemmer (Letrozol) behandelt. Auch hier ergab sich ein eindeutig verbessertes Überleben für die Frauen, die über einen längeren Zeitraum als die ursprünglichen fünf Jahren hinaus behandelt wurden.

Prof. Dr. med. Christian Jackisch, Offenbach

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