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Brustkrebs

Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.

Brustkrebs
© iStock - praetorianphoto

Operative Entfernung von Lymphödemen

Im Interview gibt Prof. hon. (Univ. Puebla) Dr. med. Manuel E. Cornely Auskunft über die operativen Verfahren zur Behandlung von Lymphödemen.

Herr Prof. Cornely, neben der komplexen Entstauungstherapie (KPE), können auch operative Verfahren zu einer Behandlung von Lymphödemen eingesetzt werden. Können Sie uns berichten, welche Möglichkeiten der Operationen es gibt?

Lymphödeme werden grundsätzlich in primäre und sekundäre Lymphödeme unterschieden. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil davon die Möglichkeit der operativen Behandlung abhängt.

Die primären Lymphödeme sind angeborenerweise vorhanden. Bei dieser Form der Lymphgefäßerkrankung handelt es sich um eine Entwicklungsstörung der Lymphgefäße. Die Gefäße sind üblicherweise schlecht angelegt und nicht in der Lage, hinreichend Lymphflüssigkeit aus den Extremitäten abzutransportieren. Die Ausbildung des Ödems an Arm oder Bein sieht genauso aus wie beim sekundären Lymphödem, die Ursache ist allerdings eben eine andere. Kein Schaden am Lymphgefäß, kein Unfall, keine Operation, keine Entfernung von Lymphknoten oder Ähnlichem haben zu einer Verletzung der Bahnen geführt. Die Bahnen sind nicht hinreichend angelegt, um zu leisten, was sie leisten müssten. Deshalb kommt es zu Stauung im Gewebe. Ein typisches Lymphödem mit Dellbarkeit im Stadium 1, einer spontanen sich nicht mehr zurückbildenden Dellbarkeit im Stadium 2 und einem Substanzumfang an Armen oder Beinen Stadium 3 entstehen so.

Eine Operation zur Verbesserung des Lymphödems ist bei diesen Patientinnen nach heutigem Stand der Dinge nach wie vor nicht möglich.

Dies bedeutet also, dass bei diesen Patienten ausschließlich nur physikalische Entstauungstherapie als Verfahren der Wahl zu gelten hat?

Ja, dies ist leider heute immer noch so. Anders verhält es sich bei sekundären Lymphödemen, wie sie z. B. nach der operativen Behandlung von Brustkrebs entstehen können. Im schlechtesten Fall erleidet bis zu jede dritte dieser Patientinnen nach vollständiger Entfernung der Lymphknoten aus der Achselhöhle ein Lymphödem. Wenn nur ein Wächter-Lymphknoten entfernt wird, so liegt das Risiko bei 7–10 %. Diese Patientinnen erkranken an einem Lymphödem, weil operativ die Lymphknoten entfernt wurden. Dies ist notwendig, um herauszufinden, ob in diesen Lymphknoten Metastasen des Tumors vorliegen. Leider führt diese Staging-Operation eben immer wieder einmal zu einer Schwellung des Arms. Wenn diese länger als sechs Monate besteht, so muss davon ausgegangen werden, dass ein sekundäres Lymphödem zur Ausbildung gekommen ist. Entscheidend ist, dass frühzeitig die Diagnose gestellt wird. Hierzu müssen die Patientinnen bei Verdacht auf Schwellung an der betroffenen Seite ihren Arzt aufsuchen, um sich dann ggf. durch komplexe Entstauungstherapie behandeln zu lassen.

Es macht keinen Sinn, komplexe Entstauungstherapie prophylaktisch, also vorausschauend bei nicht vorhandenem Lymphödem durchzuführen. Dies wird zwar immer wieder getan, führt aber ausschließlich nur zur Belastung der Patientin und des Gesundheitssystems und hilft in keiner Weise, die Ausbildung eines Lymphödems zu vermeiden.

Welche operativen Möglichkeiten stehen diesen Patientinnen zur Verfügung?

Wenn es zum sekundären Lymphödem aufgrund der Entfernung von Lymphknoten im Rahmen der Chirurgie des Brustkrebses oder anderer Tumoren gekommen ist, so stehen heute vier verschiedene operative Verfahren zur Verfügung. Hierzu muss gesagt werden, dass die Entfernung des Unterhautfettgewebes – die Lymphologische Liposculptur – das Verfahren ist, mit dem die meiste Erfahrung vorliegt. Das zweite Verfahren, die Transplantation von Lymphknoten, wird zwar ebenfalls seit vielen Jahren experimentell durchgeführt, verbreitet sich im Moment allerdings zunehmend mehr in den Kliniken, ohne dass genügend Erfahrung vorliegt, wie die Langzeitergebnisse sind. Das älteste Verfahren, welches aber heute gelassen wird, weil die Ergebnisse auf Dauer nicht hinreichend gut sind, ist die Bypass-Chirurgie, also das Zusammenführen von Lymphgefäßen, die von anderer Stelle – meistens aus dem Bein – entnommen werden und wie eine Brücke zwischen die durchtrennten Lymphgefäße an der Achselhöhle eingesetzt werden.

Neu im Bereich der operativen Lymphologie setzt sich ein mikrochirurgisches Verfahren durch, bei dem Lymphgefäße direkt an die kleinsten Venen – also an Gefäße von 0,3 mm Durchmesser, angenäht werden und so die Lymphe schon frühzeitig, also bevor sie überhaupt erst in der Achselhöhle ankommt, ins Venensystem abge. abgeleitet wird. Zu den Verfahren Lymphknotentransplantation und mikrochirurgische Operationen werden zurzeit die Ergebnisse gesammelt, um sagen zu können, welches Verfahren für welche Patientin am besten geeignet ist. Zum schon seit 1998 durchgeführten Verfahren der Liposuktion beim sekundären Lymphödem am Arm sind die Ergebnisse seit Jahren bekannt und die Erfolgsquote gut.

Unter Erfolgsquote ist zu verstehen, dass zum einen die Notwendigkeit zur komplexen Entstauungstherapie auf unter 20 % des Ausgangswertes gesenkt werden kann, zum anderen aber auch die Symmetrie der Arme wiederhergestellt wird und ein Kompressionsstrumpf nicht mehr getragen werden muss. Dieses Ziel soll erreicht werden, in über 90 % der Fällen wird dieses Ziel auch erreicht. Ob ein ähnlich guter Outcome nach der Transplantation der Lymphknoten oder der mikrochirurgischen Gefäßoperation erzielt werden kann, ist weiter völlig unklar.

In welcher Weise sollte eine Patientin mit sekundärem Lymphödem vorgehen, wenn sie eine operative Behandlung in Erwägung zieht?

I. d. R. wird nach einer sorgfältigen Erhebung der Anamnese und Untersuchung durch einen Lymphologen, der Erfahrung in der operativen Lymphologie hat, immer zuerst die komplexe Entstauungstherapie mit dem Versuch, des Management des Lymphsystems zu verbessern und die Reduktion der komplexen Entstauungstherapie zu erzielen empfohlen. Dies gelingt in den meisten Fällen. Da ja die konservative Alternative zur Verfügung steht, sollten immer vor der Operation alle Möglichkeiten der konservativen Behandlung maximal ausgeschöpft werden. Wenn man mit konservativer Behandlung mit einer Frequenz von Lymphdrainage einmal pro Monat und sechs Stunden Strumpf pro Tag zurechtkommt und die Patientin damit in ihrem Leben auch zurechtkommt, so ist das sicherlich der Operation vorzuziehen. Wenn aber diese Möglichkeiten ins Leere laufen, dann wird zuerst die Umfangsverbesserung durch Liposuktion von Oberarm und Unterarm und ggf. Handrücken und Finger empfohlen, sodass das Gewebe aus diesen Bereichen zwischen Haut und Muskulatur entfernt wird. Wenn diese Ziele nicht erreicht werden, also die Reduzierung der komplexen Entstauungstherapie und die Idealisierung des Umfangs des Armes, dann kommen weitere Operationsverfahren wie die Transplantation der Lymphknoten oder die Mikrochirurgie infrage. Die Transplantation der Gefäße als Ersatz rückt immer weiter in den Hintergrund.

Können Sie uns erläutern, wie diese Operation zur Entfernung des Unterhautgewebes durchgeführt wird?

Für diesen Eingriff wird die Patientin vom Anästhesisten schlafen gelegt. Es wird eine völlig entspannte und schmerzabgeschaltete Patientin gewünscht, um dann das Unterhautgewebe zwischen Haut und Muskulatur von der Schulter bis in die Finger lokal zu betäuben. Diese lokale Betäubung dient der Auflockerung der Substanz, die sich gebildet hat, weil die Lymphe nicht mehr hinreichend abfließt und die damit den Umfang des Arms verdickt hat. Wir wissen heute, dass es sich bei diesem Gewebe nicht um Fettgewebe, sondern um ein Gemisch aus Zucker und Eiweiß handelt, ein sogenanntes Proteoglykan, das in der Lage ist, wie ein Schwamm Wasser – hier im Besonderen Lymphe – zu speichern.

In der Zeit bis die Betäubung wirkt, wird das Proteoglykangemisch chemisch geweicht und teilweise aufgelöst. Danach wird mittels einer vibrierenden Kanüle der Raum zwischen Haut und Muskulatur am Arm geleert, das Gewebe entfernt. Entscheidend ist, dass ähnlich wie bei der Operation des Lipödems, auch beim sekundären Lymphödem nahezu das gesamte Gewebe entfernt wird. Das heißt, auch Handrücken und Finger müssen, so sie denn verdickt sind, im Rahmen der Ausbildung des sekundären Lymphödems entsprechend operativ behandelt werden.

Die Patienten werden nach der Operation immer bandagiert und 14 Tage intensiv lymphtherapeutisch nachbehandelt, in dem sie täglich Lymphdrainage bekommen. Diese Behandlung wird natürlich in der Nähe des Wohnortes durch ihren Physiotherapeuten durchgeführt. Eine zehntägige postoperative Antibiose wird zurzeit noch für angezeigt gehalten, um das Risiko einer Infektion drastisch zu reduzieren. Die Patienten erhalten auch ein niedermolekulares Heparin, damit ein Thromboserisiko drastisch reduziert wird. Zwei Wochen nach der intensiven Nachbehandlung wird individuell im Gespräch mit Patientin und Therapeuten sukzessiv die komplexe Entstauungstherapie reduziert und sich bemüht, dass man vier bis sechs Wochen nach der Operation mit der postoperativen komplexen Entstauungstherapie wieder deutlich unter dem Ausgangswert liegt, also Lymphdrainage und Kompression nicht mehr nötig sind. Die Zielsetzung ist ja, wie oben beschrieben, eine Reduzierung auf mindestens 20 % des Ausgangswertes. Besser ist gar keine Lymphdrainage mehr. Die Ergebnisse sind lang anhaltend.

Welche Vorteile möchten Sie besonders unterstreichen?

Der Vorteil für die Betroffenen besteht darin, dass die ursprünglich betroffene Extremität auf das normale Maß reduziert wird, damit die Frauen an den Armen beidseits wieder gleich aussehen. Das klingt zunächst einmal rein kosmetisch, ist es aber nicht. Aufgrund des verdickten und geschwollenen Arms erkennt ja jeder, der eine solche Patientin sieht, dass sie an einer Krebserkrankung betroffen war. Das Stigma, welches durch diese einseitige Schwellung eines Arms und auch das Tragen eines Strumpfs oder eines Handschuhs entsteht, soll verhindert werden. Schon der Strumpf allein, selbst bei schlanker Hand, fällt gerade im Sommer z. B. bei T-Shirt Trägerinnen auf. Neben der Reduktion der Extremität auf das normale Maß sollten kein Strumpf, kein Handschuh, keine Lymphdrainage und gleichzeitig keine Physiotherapeutischen Termine mehr vonnöten sein, der Zugewinn an Lebensqualität ist exorbitant.

Welche Komplikationen könnten entstehen?

Denkbar sind Wundrosen (Erysipele).

Wann kommen diese Operationen nicht infrage?

Die Operationen sind nur dann angezeigt, wenn es sich um ein sekundäres Lymphödem im Stadium 2 und 3 handelt. Vermutlich können auch Lymphödeme im Stadium 1 erfolgreich behandelt werden. Dies ist bisher allerdings noch nicht in großer Zahl durchgeführt worden. Natürlich kommt bei einer lokalen Metastasierung dieses Verfahren leider nicht mehr zum Tragen.

Gibt es Forschungen auf dem Gebiet der operativen Lymphologie, die noch mehr Hoffnung für die Patientinnen bedeutet?

Ja. Zurzeit wird mit Kliniken in Köln und Düsseldorf eine Studie zur Verbesserung des sekundären Lymphödems durch konservative und operative Therapien durchgeführt. Interessierte Patienten sind herzlich aufgefordert, sich zu melden, um in diese Untersuchung mitaufgenommen zu werden. Gesucht wird nach Patientinnen, die frisch am Brustkrebs operiert wurden, allerdings auch nach Patientinnen, die ein sekundäres Lymphödem schon erlitten haben, um durch Anwendung der verschiedenen Operationsverfahren herausfinden zu können, welches Verfahren für welche Patientin am besten geeignet ist.

Festzuhalten bleibt, dass der Paradigmenwechsel – also die Veränderung der Behandlungsideen für das sekundäre Lymphödem sich durch die Methoden der operativen Lymphologie, wie sie seit nun fast 20 Jahren durchgeführt werden, dramatisch gewandelt haben. Am Horizont ist zu erwarten, dass das sekundäre Lymphödem durch Operation dramatisch gebessert werden kann.

Sehr geehrter Herr Prof. Cornely, wir danken Ihnen herzlichst für diese ausführlichen Informationen zum Stellwert der operativen Lymphologie bei der Behandlung von Lymphödemen.

Quelle: Leben? Leben!

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