COPD bezeichnet eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung; die Abkürzung steht für die englische Bezeichnung chronic obstructive lung disease.
Nachdem nun die Selbsthilfegruppe für Atemwegserkrankte in Hamm fast 13 Jahre besteht, ist es, glaube ich, an der Zeit, unsere Selbsthilfearbeit einmal in einem größeren Rahmen aufzuzeigen, denn manch einer mag sich gar nicht vorzustellen, was hier vor Ort geleistet wird. Experten von älteren Selbsthilfegruppen, die schon viele Jahre auf dem Buckel haben, werden lächeln und sagen: „Was sind schon sieben Jahre“. Gemessen daran, dass sie evtl. deutlich mehr Jahre aufweisen können, haben sie natürlich recht mit dem Einwand. Wir sind nichtsdestotrotz schon auf diese erreichten Jahre sehr stolz. Stolz allein aus dem Grunde, weil auch wir, die in der Verantwortung für die Gruppe Stehenden, an dieser unheilvollen und unheilbaren COPD leiden und dieses Etappenziel erreichen konnten. Stolz sind wir auch auf unsere Ehepartner. Ohne ihre unermüdliche Unterstützung wäre vieles von dem Erreichten gar nicht möglich gewesen.
Ich möchte hier einmal die Gelegenheit nutzen und über unsere Beweggründe, unseren Werdegang und über die Tätigkeit innerhalb der Gruppe(n) berichten.
Zu unseren Beweggründen: Die Globalisierung hatte maßgeblichen Anteil bei der Gründung unserer Gruppen. Das Kennenlernen fand über das Internet statt, auch die ersten Schritte in der Selbsthilfearbeit. Durch die Teilnahme in einem sog. „Chatroom“ (Gesprächsraum) fanden sich einige der Betroffenen aus Hamm und Umgebung an einem typisch deutschen Stammtisch wieder.
Wir gelangten nach einiger Zeit des Kennenlernens zu der Überzeugung, dass wir das erworbene Maß an Wissen und die Möglichkeiten des Informationsflusses durch das Internet auch an diejenigen weitergeben sollten, die diese Möglichkeiten nicht haben und ebenso unaufgeklärt sind, wie wir es vorher waren. Es reifte der Entschluss, eine Selbsthilfegruppe vor Ort zu gründen.
Im Mai 2005 war es dann auch soweit und wir meldeten uns bei der Selbsthilfekontaktstelle in Hamm als Gruppe an. Der erste Schritt mit zwölf Gründungsmitgliedern war getan. Auf dem Gebiet der COPD durften wir uns nun als die erste Gruppe in Nordrhein-Westfalen und mit einer Gruppe vom Bodensee, als die Ersten in ganz Deutschland bezeichnen.
Zu den Anfangsproblemen: Um nun niemanden den Zutritt aus finanziellen Gründen zu verwehren, gestalten wir die Teilnahme natürlich kostenfrei. Das brachte vor allem im ersten Jahr der Bewährung ohne jegliche Zuschüsse einige Schwierigkeiten, die sich bei den hohen Teilnehmerzahlen heute zum Teil immer noch stellen. Das größte Problem für uns war allerdings die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, denn es musste alles ebenerdig und vor allem rauchfrei sein. Hier gab es gehörige Erschwernisse. In Hamm-Berge wurden wir dann fündig und bei dem ersten Treffen dort, fanden sich gleich auf Anhieb über 50 Betroffene bzw. Angehörige ein. Sie kamen nicht nur aus Hamm, sondern aus einem Umkreis von ca. 60 km, ja sogar aus der Großstadt Dortmund. Dieses hohe Teilnahmeniveau hat sich nicht nur gehalten, sondern stieg weiter an. Es zeigte sich, dass sich die Räumlichkeiten in Hamm-Berge sehr schnell als zu klein erwiesen und die hohe Teilnehmerzahl nicht mehr optimal zu betreuen war.
Im Februar 2008 entschloss ich mich daher, in Werne eine zweite Gruppe zu gründen. Der Erfolg gab mir recht und die Teilnehmerzahl in beiden Gruppen bewegt sich heute auf dem Anfangsniveau in Hamm. Mit der „Selbsthilfegruppe Hamm“ haben wir in Hamm-Herringen, im dortigen Altenzentrum St. Victor eine neue Bleibe gefunden. Hier fühlen wir uns auch rundum wohl und bestens aufgehoben. Es haben sich in beiden Gruppen harmonische und gefestigte Gemeinschaften gebildet. Bei unseren Krankheitsbildern, die beim Fortschreiten der Krankheit die Mobilität oft erheblich einschränken, ist ein ständiger leichter Wechsel der Teilnehmer unausweichlich. Der Wert unserer Selbsthilfearbeit wird dadurch in keiner Weise geschmälert. Es ist gleich, ob ein Betroffener die Gruppe als Ersatz für seinen verlorenen Bekanntenkreis und als einen Weg aus der Isolation sieht, oder ob er “nur“ wegen entsprechender Informationen zu uns kommt. Jeder bekommt bei uns die Hilfe und auch die Zuwendung, die er auf seine Weise benötigt. Das alles geschieht für uns selbstverständlich, ist unverbindlich und, wie schon gesagt, kostenfrei.
Unsere Zielsetzung: Zur allgemeinen Kenntnisnahme möchte ich hier einige Punkte unserer Zielsetzung aufführen. Als oberstes Ziel wollen wir bei den Treffen einen verbesserten Umgang mit der Erkrankung und die Verbesserung der Therapietreue bewirken. Gerade die Therapietreue ist ein wichtiger Baustein. Sei es bei der richtigen und gezielten Einnahme der Medikamente oder aber bei der konsequenten Durchführung, seien es Hilfen bei der Ernährung oder z. B. bei Annahme einer Sauerstoff-Langzeittherapie. Natürlich geschieht dieses alles als Ergänzung und nicht als Ersatz ärztlicher Verordnungen. Wir sehen uns in dieser Hinsicht, wenn man so will, als einen verlängerten Arm des Haus- oder Facharztes; dem wir die nötigen Hilfestellungen geben. Wir berichten über Neuigkeiten im medizinischen Bereich und über Operationsverfahren wie Lungentransplantation, Lungenvolumenreduktion und endoskopischen Operationsverfahren. Bei Anträgen oder Widersprüchen an Behörden, Krankenkassen o. ä. sind wir ebenso hilfreich wie bei der Beantragung und Auswahl einer Rehamaßnahme.
Bei all diesen Dingen ist uns die mögliche Einbeziehung der Angehörigen sehr wichtig, denn sie sind ja indirekt auch betroffen. In bestimmten Abständen finden wertvolle Vorträge von Ärzten, Apothekern, Physiotherapeuten und weiteren geschulten Referenten statt. Wir vermitteln sehr gerne die Teilnahme an eine Lungensportgruppe, denn gerade ein ständiges Trainieren, gleich welcher Art, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Mobilität. In Werne findet hier ohnehin eine sehr intensive Zusammenarbeit statt. In einer monatlichen, selbst verfassten Info-Broschüre gibt es weitere wertvolle Hilfestellungen in schriftlicher Form. Diese Nachrichten und eine telefonische Betreuung bekommen auch diejenigen, die aufgrund ihrer fehlenden Mobilität nicht mehr an den Treffen teilnehmen können. Es gibt selbstverständlich bei Bedarf auch für jeden eine telefonische Beratung.
Ein jährlicher Ausflug und eine Weihnachtsfeier runden den gemütlichen Charakter unseres Gruppenlebens ab. Dieser drückt sich auch dadurch aus, dass die Teilnehmer neben dem Informationsfluss, ihre eigenen Erfahrungen gemütlich bei Kaffee und Kuchen austauschen können.
Außerhalb der Gruppe stellen wir uns der allgemeinen Öffentlichkeit. Auf Messen, Behinderten- und Patientenveranstaltungen betreiben wir Aufklärung und Prävention und informieren auch über die Probleme der Betroffenen. Vorbeugung und Früherkennung bekommen einen immer größer werdenden Stellenwert. Durch diese Aufklärung wollen wir erreichen, dass durch Änderung von Verhaltensweisen, hier vornehmlich mit dem Rauchen aufzuhören, vielen dieses Krankheitsbild erspart bleibt oder zumindest durch ein frühes Erkennen der COPD Schlimmeres verhindert werden kann. Mit dem Einsatz eines Lungenfunktionstestgerätes zur Ermittlung des Peak-Flow-Wertes und des FEV1-Wertes, konnten wir in der breiten Öffentlichkeit schon viele zum Nachdenken anregen und zu einem dringenden Arztbesuch überreden. In intensiven Gesprächen, aber auch mit Informationen in schriftlicher und darstellender Form, sorgen wir für weitere nötige Aufklärung. Dies alles gelingt auch mit Unterstützung der Krankenkassen und den Selbsthilfekontaktstellen der Stadt Hamm und des Kreises Unna.
Als Letztes ein großer Wunsch: ein Ende des Unterschiedes bei der Spendenwürdigkeit zwischen Verein und Selbsthilfegruppe. Die Spendenunwürdigkeit und die dadurch auftauchenden finanziellen Probleme bei großen Gruppen lässt eine optimale Arbeit nicht zu. Dies betrifft die Projektarbeit – wie auch die Arbeit innerhalb der Gruppe. Die Förderung durch die Krankenkassen reicht hier bei Weitem nicht aus. Hier müsste den Selbsthilfegruppen, die nachweislich in einem so großen Rahmen agieren, besser geholfen werden.
Mit diesem Wunsch und der Hoffnung im Gepäck, dass uns unsere restliche Gesundheit nicht im Stich lässt, gehen wir die nächsten Jahre an. Gemäß unserem Wahlspruch „Wir öffnen jedem unsere Tür, nur eintreten muss er selbst“ werden wir auch weiterhin unser erworbenes Wissen weitergeben und allen, die zu uns kommen, im Rahmen unserer Möglichkeiten die Hilfe geben, die sie benötigen.
Autor: Wilhelm Rohe
Quelle: COPD und Asthma 1/12