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Brustkrebs

Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.

Brustkrebs
© iStock - praetorianphoto

Erblicher Brustkrebs: Vor- und Nachteile eines Gentests

Umfassende Beratung bei erblichen Krebserkrankungen wichtig

Aus Zwillingsstudien ist bekannt, dass ein relevanter Anteil der häufigen soliden Tumorerkrankungen auf Risikogene zurückzuführen ist. Bei Brustkrebserkrankungen sind dies beispielsweise 27 % und beim Darmkrebs 35 %. Priv.-Doz. Dr. Kerstin Rhiem, Universitätsklinikum Köln, klärt auf, wann ein erblich bedingter Krebs vorliegen kann und wo betroffene Familien Hilfe und Beratung finden.

Wie sollten Familien vorgehen, in denen ein erblich bedingter Krebs aufgetreten ist?

Familien, in denen gehäuft Krebserkrankungen auftreten, sollten sich bezüglich einer möglichen Vererbbarkeit beraten lassen. Nicht in jedem Fall ist eine Besorgnis berechtigt. So besteht z. B. kein erbliches Risiko, wenn die Mutter als einzige Frau in der Familie nach den Wechseljahren an Brustkrebs erkrankt ist. Allerdings besteht der Verdacht auf eine familiäre Belastung für Brust- oder Eierstockkrebs – als Beispiel auch für die z.B. eingangs genannten anderen soliden Tumorerkrankungen –, wenn mehrere Frauen an Brust- und/oder Eierstockkrebs in der Familie erkrankt sind, die Frauen jung (vor dem Eintritt in die Wechseljahre) oder beidseitig an Brustkrebs erkrankt sind oder ein Mann an Brustkrebs und eine Frau an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind. Dies sind einige der sog. Einschlusskriterien.

Was passiert dann auf Basis dieser Kriterien?

Diese Einschlusskriterien werden in eine easy-to-use Checkliste übertragen, die der betreuende Arzt ausfüllt. Liegt der Score dieser Liste über 2, ist eine genetische Beratung/Aufklärung angebracht. Die Familie stellt sich dann zu einer Beratung z. B. in einem der spezialisierten Zentren für Brust- und Eierstockkrebs vor. Nach der Beratung und einer entsprechenden Bedenkzeit könnten die Betroffenen dann entscheiden, ob sie eine Gentestung wünschen. Diese wird dann bei der sog. Indexperson, dies ist die im jüngsten Lebensalter an der entsprechenden Krebserkrankung erkrankte Person in der Familie, durchgeführt. Wird eine Genveränderung diagnostiziert, die für die Krebserkrankung ursächlich ist, können die gesunden Familienmitglieder entscheiden, ob sie die Genveränderung ebenfalls untersuchen lassen wollen. Sollte z. B. eine BRCA-Mutationsträgerin (Hochrisikogene) diese Veränderung nicht tragen, so kann sie entlastet werden und trägt nur die Risiken einer Frau der Allgemeinbevölkerung für Brust- und Eierstockkrebs.

Wo können Betroffene aus Familien, in denen erblich bedingter Krebs aufgetreten ist, sich hinwenden und zu einem möglichen Test beraten lassen?

In Deutschland gibt es z. B. das Deutsche Konsortium für erblichen Brust- und Eierstockkrebs. Dazu zählen 17 Zentren, in denen Betroffene interdisziplinär und nicht direktiv (eine präferenzsensitive Entscheidungsfindung des/der Betroffenen, die der Berater begleitet, aber nicht dominiert und letztlich die Entscheidung für die Betroffenen trifft) beraten und betreut werden. Außerdem können sich Betroffene an Humangenetiker wenden. Eine Aufklärung zur genetischen Ursachenklärung bei Krebserkrankten kann jeder approbierte Arzt laut Gendiagnostikgesetz durchführen. Allerdings ist zu bedenken, dass die Beratung zunehmend komplexer wird, etwa aufgrund neuer Risikogene, Varianten unklarer Signifikanz, Gentestung im Tumorgewebe zur evtl. zielgerichteten Behandlung usw. und deshalb in die Hand von Experten gehört, die sich auf die Interpretation der molekulargenetischen Daten und deren verständliche Kommunikation spezialisiert haben.

Was spricht für, was gegen einen Test?

Genetische Veränderungen, z. B. BRCA1, werden mit einer 50%-igen Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben. Bei Veränderungen in Hochrisikogenen ist mit einem Test also auch eine Entlastung der Hälfte der Getesteten möglich. Die Person erfährt so, dass sie die in der Familie bekannte Genveränderung/Mutation nicht trägt. Der Test kann zudem für Erkrankte mehr Klarheit zur Krankheitsentstehung liefern. Das kann entlastend sein, wenn Betroffene etwa befürchten, den Krebs durch einer Art „Fehlverhalten“, wie wenig Sport, ausgelöst zu haben. Darüber hinaus sind nach einem Test risikoadaptierte Präventionsmaßnahmen möglich. Damit wird eine betroffene Person in der Familie in eine proaktive Situation gebracht. Sie ist nicht „Opfer“ einer Erkrankung, sondern kann aktiv werden, etwa im Rahmen von Früherkennung oder auch einer prophylaktischen Operation. Außerdem können im Falle von BRCA1 oder BRCA2 an Eierstockkrebs erkrankte Mutationsträgerinnen darüber informiert werden, dass der Krankheitsverlauf oftmals günstiger ist als wenn keine Mutation vorliegt.

Wie funktioniert solch ein Test? Wie lange muss man auf das Ergebnis warten?

Der Test wird meist im Blut durchgeführt. Es reichen wenige Milliliter Blut. Die Testung dauert etwa zwei bis vier Wochen.

Wie sollten Betroffenen mit einem positiven Ergebnis umgehen?

Sollte eine Genveränderung (Mutation) nachgewiesen werden, sollten Risiken und mögliche Konsequenzen mit den Betroffenen durch Spezialisten besprochen werden. Im Rahmen dieser Beratung sollten Vor- und Nachteile miteinander diskutiert und die absoluten Erkrankungsrisiken für die kommenden fünf oder zehn Jahre, also überschaubare Zeiträume, genannt werden. Besprochen werden sollten grundsätzlich risikoadaptierte Präventionsmaßnahmen, Vor- und Nachteile von prophylaktischen Operationen und zielgerichteten Therapieansätzen. Aber gerade bei bereits erkrankten Mutationsträgerinnen sollte die Prognose der jeweiligen Erkrankung in die Beratung einfließen, um das Rückfallrisiko mit dem oftmals niedrigeren Neuerkrankungsrisiken abzuwägen. Ein Frau mit einem hohen Rezidiv- oder Metastasierungsrisiko könnte zunächst gegenüber prophylaktischen Operationen zurückhaltend sein.

Bei welchen Krebsarten sind prophylaktische Operationen möglich?

Bei Veränderungen in den Hochrisikogenen BRCA1/2 werden prophylaktische Entfernung von Brustgewebe und Eierstöcken und Eileitern angeboten. Für die Brust existiert auch ein intensiviertes Früherkennungsprogramm (inkl. MRT), mit welchem die Tumoren früh, d. h. in einem heilbaren Stadium, diagnostiziert werden können. Eierstockkrebs-Früherkennung ist bislang allerdings kein effizientes Konzept. Es ist wichtig, dass in der Beratung auch konkurrierende Risiken und Alternativen zu Operationen besprochen werden. Auch für Darmkrebs (Darm- und Gebärmutterentfernung) werden prophylaktische Operationen diskutiert. Außerdem gibt es Genveränderung (CDH1), bei der eine prophylaktische Magenentfernung in Betracht gezogen wird. Im Vorfeld zu prophylaktischen Operationen ist eine intensive Beratung der sicherste Weg, gemeinsam zu einer tragfähigen Lösung zu kommen.

Quelle: Leben? Leben! 2/2016

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