Unter Lungenkrebs – geläufig ist auch der Begriff Bronchialkarzinom – versteht man die Neubildung bösartiger Zellen (maligne Neoplasie) im Lungengewebe bzw. in den unteren Atemwegen (Bronchien oder Bronchiolen).
Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 19.000 Frauen an Lungenkrebs. Häufig wird die Erkrankung erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Dann haben sich Metastasen gebildet, eine Operation ist dann häufig nicht mehr möglich. Patienten in einem fortgeschrittenen Stadium profitieren vor allem von den Fortschritten in der Immuntherapie.
„Es handelt sich hierbei um ein neues Verfahren für die Behandlung von Lungenkrebs, konkret das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom, an dem 85 % aller Lungenkrebspatienten erkranken. Die in der Immuntherapie eingesetzten Medikamente zielen nicht darauf ab, die Krebszellen zu zerstören, sondern sie stärken die Immunabwehr, also die Bereitschaft im Körper, gegen den Krebs vorzugehen“, erklärt Prof. Dr. Martin Reck, Großhansdorf.
Die neuen Medikamente in Bereich der Immuntherapie wurden bisher vor allem bei Patienten eingesetzt, die bereits eine Behandlung (i. d. R. eine Chemotherapie) hinter sich haben. „Die Ergebnisse zeigen, dass Erkrankte, die mit einer Immuntherapie behandelt wurden, deutlich länger überlebt haben als Patienten, die stattdessen eine zweite Chemotherapie erhielten“, erläutert der Mediziner. Außerdem traten bei den mit einer Immuntherapie behandelten Patienten wesentlich weniger Nebenwirkungen auf.
Mittlerweile wird die Immuntherapie bei 60 bis 70 % aller vorbehandelten Patienten eingesetzt. Derzeit setzen sich Mediziner auch intensiv damit auseinander, ob auch Betroffene profitieren, die bisher noch keine Behandlung erhalten haben, von einer Immuntherapiebehandlung profitieren. Studien belegen, dass die Immuntherapie bei bestimmten Patienten – im Unterschied zu einer Chemotherapie – die Erkrankung länger stabilisiert und die Überlebenszeit sich damit verdoppelt. Auch bei einer Immuntherapie in der Erstlinientherapie traten weniger Nebenwirkungen auf, was eine verbesserte Lebensqualität bedeutet.
„Wichtig ist nun, dass es uns gelingt, die Patienten zu erkennen, die von der Behandlung mit einer Immuntherapie profitieren“, betont Prof. Reck. Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass dies vor allem Patienten mit dem sog. Biomarker PDL 1 (ein sich auf der Krebszelle befindendes Eiweiß) zutrifft. Je höher der Anteil dieses Biomarkers im Blut der Patienten, desto besser wirkt die Immuntherapie. Ein neuer Ansatz in der Erstlinientherapie des Lungenkarzinoms ist die Kombination entweder von Chemotherapeutika und Immuntherapeutika oder von unterschiedlichen Immuntherapiemedikamenten, die in großen Studien ermutigende Ergebnisse gezeigt haben.
Trotz – oder gerade wegen – dieser großen Behandlungsfortschritte steht die Medizin vor großen Herausforderungen. „Die Frage ist, ob bei Patienten, die die Diagnose Lungenkrebs erhalten haben, die durchgeführte Diagnostik ausreichend ist“, gibt Prof. Reck vor dem Hintergrund zu bedenken, dass nur auf Grundlage einer umfassenden Diagnostik jene Betroffene identifiziert werden können, die von einer Immuntherapie profitieren. Nicht immer werden zusätzliche Kosten für alle notwendigen diagnostischen Verfahren durch das Budget gedeckt. Dies trifft vor allem auf die Kliniken zu, die für die Diagnostik und die Behandlung eines Patienten einen festen Betrag bekommen und denen die Durchführung aufwendiger Analysen in der Diagnostik nicht zusätzlich honoriert wird.
„Darüber hinaus müssen die Medikamente, die in der Immuntherapie eingesetzt werden, auch verfügbar sein. Und: Die Ärzte müssen sich mit den Behandlungsmethoden und deren Nebenwirkungen auch auskennen“, sagt der Mediziner.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen u. a. Entzündungen der Leber, Reaktionen der Haut (Ausschlag/Juckreiz), eine Veränderung der Schilddrüsenfunktion, Darm- und Lungenentzündungen. Insgesamt treten bei rund 30 % aller Patienten Nebenwirkungen auf. Doch nur in 8 bis 10 % der Fälle handelt es sich dabei auch um sog. relevante Nebenwirkungen, die behandelt werden müssen – und auch gut behandelt werden können. Zudem sind die Nebenwirkungen i. d. R. zeitlich begrenzt und treten im ersten halben Jahr nach der Behandlung auf, klingen dann aber wieder ab.
Hauptursache für Lungenkrebs ist weiterhin das Rauchen. Rund 80 % aller Patienten sind oder waren Raucher. Je höher der Zigarettenkonsum, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu erkranken. „Gerade deshalb ist die primäre Prävention ein besonders wichtiges Instrument. Die Prävention sollte schon bei den Kindern beginnen“, betont Prof. Reck.
Rund 20 % der Lungenkrebspatienten haben allerdings nicht geraucht. Hier ist die Medizin bemüht, weitere Auslöser für die Erkrankung zu identifizieren. Infrage kommen auch berufsbedingte krebserregende Stoffe, wie etwa Asbest.
Quelle: Leben? Leben! 3/2018