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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Wahl zwischen zwei Übeln

Bei der Suche nach den Auslösern der Krankheit sind Forscher der Universität Würzburg jetzt einen Schritt weitergekommen. Sie zeigen: Um größeren Schaden zu vermeiden, nimmt das Gehirn das kleinere Übel in Kauf.

Wie es zum Ausbruch der Krankheit kommt, ist noch nicht bis ins letzte Detail geklärt. „Aufgrund der Untersuchung von Gehirnen verstorbener MS-Patienten vermutet man schon lange, dass ein bestimmter Lymphozytentyp, die Killer-T-Zellen, an der Zerstörung der Oligodendrozyten beteiligt sind“, sagt Prof. Thomas Hünig vom Institut für Virologie und Immunbiologie der Universität Würzburg. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Köln und Dresden haben Prof. Hünig und seine Mitarbeiterin Dr. Shin-Young Na sich jetzt diesen Vorgang genauer angeschaut und dabei eine überraschende Entdeckung gemacht, wie sie in der Fachzeitschrift Immunity berichten. Demnach lässt das Gehirn den Angriff der T-Zellen auf die Myelinscheide unter bestimmten Voraussetzungen selbst zu – weil es damit möglicherweise einen größeren Schaden für den Betroffenen verhindern kann.

Auch wenn die Befunde aus den Gehirnen verstorbener MS-Patienten für eine starke Beteiligung der Killer-T-Zellen sprachen, gab es für die Wissenschaftler früher ein Problem damit: „In Tierversuchen, die für die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien unerlässlich sind, konnte der Killer-T-zellvermittelte Angriff auf die Nervenscheiden bisher nicht überzeugend dargestellt werden“, erklärt Prof. Hünig. Deshalb hat die Forschergruppe ihre Suche etwas komplizierter gestaltet. Dazu infizierte sie Mäuse im Labor mit einer bestimmten Bakterienart – Listerien –, die ein Protein mit den Oligodendrozyten teilt, und beobachtete die Folgen, wenn diese Infektion in der Körperperipherie erfolgte oder wenn sie auf das Gehirn begrenzt war.

Das Gehirn unterscheidet

Das Ergebnis: „Bei einer Infektion in der Peripherie suchen die Killerzellen im gesamten Körper nach dem Erreger, also auch im Gehirn“, sagt Prof. Hünig. Allerdings ist das Immunsystem in diesem Fall in der Lage, diejenigen Killerzellen zu erkennen, die Myelinscheiden fälschlicherweise als etwas Fremdes bewerten, weil sie das mit den Listerien gemeinsame Protein erkennen, und deshalb angreifen. Das Immunsystem wehrt diese Killerzellen ab und zerstört sie. Anders der Ablauf, wenn die Infektion im Gehirn selbst vorliegt: „Dann wird der Angriff zugelassen, und es kommt zur Zerstörung der schützenden Myelinscheide und zur Ausbildung von Plaques, wie man sie bei der Multiplen Sklerose sieht“, so der Wissenschaftler.

Eine Art „Güterabwägung“ scheint für den unterschiedlichen Verlauf verantwortlich zu sein. Die „Entscheidung“ des Gehirns, den Angriff zuzulassen, dient der Bekämpfung des Erregers. Dabei gilt anscheinend das Motto: Besser, es werden einige infizierte Zellen zerstört und es kommt zu einer Entmarkung von Nervenzellfortsätzen, als dass sich der Erreger ausbreiten und somit zum Tod des Erkrankten führen kann. Liegt jedoch keine Infektion mit bedrohlichen Erregern vor, „erkennt“ das Gehirn, dass es sich um einen fehlgeleiteten Angriff der Killer-T-Zellen handelt, und zerstört diese. Möglicherweise „überschätzt“ das Gehirn aber bisweilen auch die Gefährlichkeit eines mikrobiellen Erregers und opfert ohne Not die schützende Myelinscheide.

Die nächsten Schritte

„Diese Befunde könnten die Grundlage für zukünftige Therapien bilden, die die Bekämpfung von mikrobiellen Erregern im Gehirn sowie die Dämpfung der von ihnen ausgehenden lokalen Entzündung in den Mittelpunkt stellen“, hofft Prof. Hünig.

Quelle: BMS 3/12

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