Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.
Agnes Reidelshöfer, Dipl. Sozialpädagogin FH vom klinischen Sozialdienst am Universitätsklinikum Erlangen erklärt im Interview, welche Form der Rehabilitation für welche Patientin geeignet ist und wie die Anträge dafür gestellt werden.
Eine Brustkrebserkrankung ist für jede Frau eine große Belastung. Bei der Rehabilitation geht es darum, den Behandlungserfolg zu sichern und die Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Es gilt, das körperliche und seelische Befinden zu bessern oder zu stabilisieren und Selbstvertrauen zurück zu gewinnen. Folgestörungen können gezielt therapiert werden, die betroffenen Frauen können lernen, mit der Krankheit umzugehen und zu leben. Ziel ist es, die bestmögliche Lebensqualität zu erreichen und damit die Wiedereingliederung in das soziale und berufliche Umfeld.
Die Anwendungen in der stationären und ambulanten Rehabilitation unterscheiden sich nicht. Die wesentlichen Unterschiede liegen darin, dass die stationäre Rehabilitation nicht im gewohnten Umfeld stattfindet, die Patientin ist für einen Zeitraum von drei Wochen in einer Klinik und wird dort behandelt. Bei der ambulanten Rehabilitation geht die Patientin morgens in die Klinik und kommt abends wieder nach Hause, d. h., sie muss körperlich in der Lage sein, den täglichen Weg auf sich zu nehmen und dann am Therapieangebot teilzunehmen. Die Patientin entscheidet sich nach eigenem Wunsch, welche Form der Rehabilitation die für sie geeignetere ist und ob es für ihre Bedürfnisse eine passende Klinik gibt.
Zuerst kommt es immer auf die persönliche Lebenssituation der Patientin an. Im Allgemeinen ist die stationäre Rehabilitation hilfreicher, weil die Betroffenen aus ihrem Alltag rauskommen und Abstand gewinnen, sie können sich besser auf sich selbst konzentrieren. Zusätzlich besteht vermehrt die Möglichkeit, sich mit anderen Patientinnen auszutauschen. Bei der ambulanten Rehabilitation kann es für die Patientin anstrengend sein, jeden Tag den Weg in die Klinik in Kauf zu nehmen. Die Frauen sind tagsüber in der Rehaeinrichtung und können dann wieder in ihr gewohntes soziales Umfeld zurück. Allerdings gibt es nur wenige spezielle ambulante Zentren für Brustkrebspatientinnen, sodass in zumutbarer Nähe eine ambulante Rehabilitation oft nicht möglich ist.
Zu Beginn findet ein Aufnahmegespräch mit dem behandelnden Arzt statt, der anhand des Befundes den Behandlungsablauf festlegt, abgestimmt mit den Wünschen und Erfordernissen der Patientin. Der Behandlungsplan wird i. d. R. wöchentlich überprüft und ggf. abgeändert. Zu den Inhalten gehört die medizinisch-gynäkologische Behandlung und Diagnostik, aber auch Beratung durch geschulte Pflegekräfte in der Brustversorgung über Brustaufbau und Brustprothesen. Die Patientinnen erhalten auch Unterstützung in Form von Psychoonkologie, die den Betroffenen Hilfestellung gibt, um Körper, Geist und Seele wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Des Weiteren erhalten sie Impulse im Bereich Ernährungsberatung und Förderung des Wohlbefindens. Es finden Kurse zur Tiefenentspannung, Meditation und Sport statt. Und es gibt auch Vorträge und Beratung zu sozialrechtlichen Fragen.
Die Anschlussrehabilitation (AHB) schließt sich zeitnah an die Tumorbehandlung an. Die Besonderheit der Anschlussrehabilitation ist der schnelle Zugang zur Rehabilitation. Die Beantragung dieser Maßnahme erfolgt während der Tumorbehandlung und die Kostenzusage (wenn notwendig) erfolgt i. d. R. innerhalb weniger Tage. Wenn die Wundheilung, Chemotherapie oder die Bestrahlung abgeschlossen ist, können die Patientinnen die Rehabilitationsmaßnahme anschließen. Voraussetzung ist die Rehabilitationsfähigkeit, d. h., die Patientin muss sich selbstständig versorgen können und gehfähig sein sowie ausreichend belastbar, um effektiv am Behandlungsprogramm teilzunehmen. Es kann jedoch auch sein, dass eine Patientin tatsächlich ihre Krankheit im gewohnten Umfeld besser bewältigen und sich erholen kann. In diesem Fall kann sich die Patientin von ihrem Hausarzt z. B. Physiotherapie verordnen lassen. Wenn sich die Patientin gegen die AHB entscheidet, kann zu einem späteren Zeitpunkt eine onkologische Rehabilitation beantragt werden.
Die Patientin kann sich von ihrem zuständigen Kostenträger Adressen von Vertragskliniken zukommen lassen, zusätzlich sind auch Klinik-Empfehlungen von anderen Betroffenen hilfreich oder eigene Recherche. Beraten lassen können sich die Patientinnen bei den Sozialdiensten, dies ist vor allem für die AHB hilfreich, da diese ja noch während der Behandlung beantragt wird. Generell hat die Patientin ein Wahlrecht für ihre gewünschte Klinik, es muss sich jedoch um eine Vertragsklinik des zuständigen Kostenträgers handeln. Die Einhaltung dessen Belegungsbedingungen, z. B. Entfernung vom Wohnort, müssen eingehalten werden.
Die Rehabilitationsmaßnahme beantragt die Patientin selbst beim zuständigen Kostenträger. Zu dem Antrag gehört immer ein ärztlicher Befund. Entscheidet sich die Patientin für eine AHB, muss diese noch vor Abschluss der Behandlung beantragt werden. Erste Ansprechpartner sind die Ärzte. Meist ist die letzte Behandlung im Krankenhaus, dann wird an den klinischen Sozialdienst verwiesen und die Patientin bekommt dort Unterstützung und wird umfassend beraten. Es werden die versicherungsrechtlichen Ansprüche geklärt und beraten, welche Kliniken geeignet sind. Falls es vom zuständigen Kostenträger vorgesehen ist, wird auch gleich der Termin in der Klinik vereinbart und alles Weitere vom Sozialdienst veranlasst. Die sog. Nach- und Festigungskur kann bis zum Ablauf eines Jahres gewährt werden, die entsprechenden Anträge kann die Patientin von der Krankenkasse anfordern und die Rehabilitationsmaßname mit dem Hausarzt beantragen.
Wer die Kosten übernimmt, hängt von den versicherungsrechtlichen Ansprüchen ab. Erstrangiger Kostenträger der onkologischen Rehabilitation ist die zuständige Rentenversicherung. Sind die Beitragszeiten nicht erfüllt, übernimmt nachrangig die Krankenkasse die Kosten, ggf. mit der zuständigen Beihilfe. Für die Patientin können Zuzahlungen anfallen (max. für 14 Tage pro Jahr bei der AHB und 42 Tage pro Jahr bei der Reha).
Normalerweise kann sich die Patientin frei entscheiden, ob sie eine Rehabilitationsmaßnahme möchte oder nicht. Die Patientin soll für sich abwägen, ob eine Rehabilitationsmaßnahme für ihre Lebenssituation und für ihre Genesung das Richtige ist. Eine Ausnahme besteht, wenn eine berufstätige Patientin schon sehr lange im Krankengeldbezug ist, dann ist es möglich, dass von der Krankenkasse eine Aufforderung zu einer Rehabilitationsmaßnahme kommt, andernfalls wird die Zahlung des Krankengeldes eingestellt. Die Patientin wird damit zur Mitwirkung an der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit verpflichtet.
Quelle: Leben? Leben! 1/2013