Krebs ist eine vielschichtige Krankheit. Man versteht darunter jede Veränderung eines Gewebes, bei der die Zellen sozusagen ihre Differenzierung verlieren und daher autonom, also selbstständig wachsen können.
Im Rahmen unserer Interviewreihe setzen wir die Vorstellung unserer wissenschaftlichen Beiräte fort, die der Redaktion von Leben? Leben! mit medizinischen Beiträgen und ihrem Fachwissen beratend zur Seite stehen. In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen Herrn Prof. Dr. med. Jens Büntzel vorstellen, den Chefarzt einer HNO-Klinik in Nordhausen.
Prof. Büntzel: Die Arbeit als Arzt bot jedem in der DDR die Möglichkeit zum praktizierten Humanismus, ohne es auf eine besondere Konfrontation mit dem System anzulegen. Dies war entscheidend für meine Studienwahl. Die Betreuung von Tumorpatienten ergab sich am Anfang meines Berufsweges, Prof. Liebetrau, mein erster Chef war hier prägend.
Prof. Büntzel: Offenheit über die Diagnose und über die Grenzen unseres ärztlichen Tuns.
Prof. Büntzel: Nord- und osteuropäische Literatur und Musik nehme ich gerne zur Hand, wenn es geht, bereise ich diese Länder mit meiner Familie, die im Alltag die eigentliche „Kraftquelle“ ist.
Prof. Büntzel: Jeder exakten Diagnose einer malignen Erkrankung muss eine wissenschaftlich basierte Therapie in der Hand eines ausgebildeten Onkologen folgen. Hier muss der Patient sich auf seinen Arzt verlassen, bei Zweifeln gegebenenfalls eine Zweitmeinung einholen. Von alternativen Methoden ist in dieser Situation strikt abzuraten. Nach Festlegung der Grundbehandlung wird jeder erfahrene Mediziner die Suche des Patienten nach komplementären, d. h. ergänzenden Methoden unterstützen und ihn ausführlich beraten. Es gibt viele kompetente und gleichzeitig kritische Zusammenfassungen für Ärzte wie Patienten in den Printmedien wie auch im Internet. Patienten sollten sich nie auf einseitige Werbung von Anbietern in diesem Gebiet verlassen.
Prof. Büntzel: Die meisten Probleme habe ich mit jenen „Therapieansätzen“, die Patienten für die Entstehung ihres Krebses verantwortlich machen. Unabhängig von der Diskussion um Risikofaktoren, die aus der Lebensführung resultieren, darf der Patient in der Situation der Diagnose und ersten Therapie nicht noch durch eine nicht fassbare Diskussion auf dieser Strecke belastet werden.
Prof. Büntzel: Für die Führung eines Patienten durch die schwere und oftmals sehr belastende Therapie ist ein enger Draht zwischen Arzt und Patient notwendig und oftmals ein aufbauendes Wort, da die Psyche des Betroffenen sich über Wochen und Monate im Ausnahmezustand befindet.
Prof. Büntzel: In der Therapie solider Tumoren deutet sich mit der Etablierung immunologischer Verfahren wie der Antikörpertherapie eine neue Dimension der Behandlungsmöglichkeiten an. Aber auch die Weiterentwicklung etablierter Verfahren (z. B. IMRT in der Strahlentherapie) verspricht neue Chancen. Wir sollten auch die Supportivmaßnahmen nicht vergessen, die für die Lebensqualität der Patienten oftmals entscheidend sind.
Prof. Büntzel: Patientenmagazine bieten einen guten Zugang zu schnellen Informationen und geben meist einen sehr guten Überblick zu einzelnen Themen. Sie sollten den Betroffenen eine sinnvolle Ergänzung zum Arztgespräch bieten, eventuell auch in die Vorbereitung gezielt mit einbezogen werden. Sie sind kein Ersatz für eine persönliche Beratung durch den betreuenden Arzt.
Prof. Büntzel: Leben? Leben! ist eines der von Patienten am meisten gelesenen Magazine und deckt die gesamte Breite der Problematik ab. Als HNO-Arzt und Vertreter eines kleinen „Organfaches“ würde ich mir manchmal einen Blick mehr auch für die Probleme von speziellen Gruppen wie die der Patienten mit Kopf-Hals-Karzinomen wünschen.
Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Büntzel.
Quelle: Leben? Leben! 3/2006