Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Sehr geehrter Herr Müller, mein Name ist Lukas und ich habe seit Kurzem eine Freundin, die an Diabetes Typ 1 erkrankt ist. Ich achte nicht besonders auf meine Ernährung, möchte aber gerne Rücksicht auf sie nehmen. Mir ist klar, dass Zucker und Fast Food eher die Ausnahme sein sollten. Aber gibt es grundlegende Regeln, die ich beachten sollte, wie z. B. eine Empfehlung bezüglich der täglichen Menge an Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß? Außerdem würde ich gerne wissen, ob es für sie besser ist, wenn wir regelmäßig dreimal am Tag essen oder mehrmals über den Tag verteilt? Ich würde mich über eine Antwort von Ihnen freuen. Lukas B.
Dr. h. c. Sven-David Müller: Lieber Lukas, vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen gerne beantworten möchte. Ich bin selbst seit 1976 an Typ-1-Diabetes erkrankt und kann versichern, dass diese Form der chronischen Stoffwechselkrankheit ein nahezu normales Leben ermöglicht. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Diabetes mellitus Typ 1 nicht durch Fehlernährung bedingt ist.
Eine klassische Diabetesdiät gibt es heute nicht mehr. Im Grunde ist nichts verboten. Wichtig ist, dass regelmäßig die Blutzuckerwerte kontrolliert und korrigiert werden. Im Rahmen einer sog. intensivierten Insulintherapie – oder Insulinpumpentherapie – ist eine normale gesunde Ernährungsweise sinnvoll. Es darf nicht vergessen werden, dass die Therapie des Typ 1 Diabetes in erster Linie im Ausgleich des absoluten Insulinmangels durch Insulininjektionen besteht. Dazu müssen nüchtern, vor den Mahlzeiten sowie vor dem Schlafengehen die Blutzuckerspiegel bestimmt werden. Die angestrebten Blutzuckerwerte bespricht Ihre Freundin mit dem Diabetologen.
Die Menge an Kohlenhydraten, Eiweißen (Proteinen) und Fetten (Lipiden) bespricht Ihre Freundin mit einer Diätassistentin. Wichtig ist, dass der Blutzuckerspiegel insbesondere durch Kohlenhydrate vom Glukosetyp erhöht wird. Glukose ist die Fachbezeichnung für Traubenzucker. Dieser bildet den Blutzuckerspiegel. In Deutschland werden die Kohlenhydrate i. d. R. nach BE (Brot- oder Berechnungseinheit) berechnet. Eine BE enthält 12 Gramm verwertbare Kohlenhydrate. Anfangs ist es wichtig, die Nahrungsmittel abzuwiegen, um eine Sicherheit zu gewinnen. Später reicht meist das Abschätzen.
Diabetiker profitieren von einer ballaststoffreichen Ernährungsweise. Daher sind Frischobst, Gemüse und Vollkornprodukte besonders gut für Diabetiker. Zucker und damit gesüßte Lebensmittel können aufgenommen werden. Wichtig ist, dass Ihre Freundin nicht an Gewicht zunimmt und übergewichtig wird. Diabetiker sollten nicht zu viel Eiweiß aufnehmen, um die Nieren nicht zu überlasten. Normale Fleisch-, Wurst- oder Käsemengen sind aber kein Problem.
Fette spielen im Stoffwechsel eine große Rolle. Gerade gesättigte Fettsäuren wirken sich negativ auf den Stoffwechsel aus und sollten von Diabetikern gemieden werden. Gleiches gilt für Transfettsäuren. Beide Fettsäuren stecken reichlich in Butter, Sahne oder fettem Käse.
Es ist sinnvoll, dreimal täglich zu essen. Zwischenmahlzeiten sind natürlich möglich, müssen aber auch mit Insulin abgedeckt werden. Wichtig ist, dass nicht nur im Stoffwechsel von Kohlenhydraten Insulin benötigt wird. Im Rahmen einer Mahlzeit ist der Insulinbedarf von Eiweiß und Fett i. d. R. automatisch abgedeckt.
Beste Grüße von Dr. h. c. Sven-David Müller, MSc.
Quelle: Befund Diabetes 3/2014