Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sollen für folgende Parameter individualisierte Therapieziele vereinbart werden: Lebensstil, Glukosestoffwechsel, Fettstoffwechsel, Körpergewicht und Blutdruck. Die Diabetestherapie wird dabei individuell ausgerichtet. Die Therapieziele des Menschen mit Typ-2-Diabetes hängen ab von den Begleiterkrankungen, Alter und Lebenserwartung, Lebensqualität, den psychosozialen Umständen und Möglichkeiten sowie Fähigkeiten.
Die neue Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) empfiehlt als Basistherapie bei Menschen mit Typ 2 Diabetes die strukturierte Schulung, eine Ernährungstherapie sowie Steigerung der körperlichen Aktivität und Nichtrauchen. Bei den meisten Menschen mit Typ 2 Diabetes ist ein HbA1c-Ziel von 47,5-58,5 mmol/mol (6,5-7,5 %) zielführend, obwohl es nach unten als auch nach oben diesbezüglich Ausnahmen gibt.
So gilt es z.B. bei jungen Patienten ohne bestehende Folgekomplikationen nach Diagnosestellung eine nahe-normoglykämische Stoffwechseleinstellung, unter Vermeidung von Hypoglykämien und Gewichtszunahme, zu erzielen. Hierbei sollte Metformin als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden.
Die Wirksamkeit von Metformin gilt als klinisch gesichert, besonders in Bezug auf die Stoffwechseleinstellung und die Reduktion von makrovaskulären Komplikationen. Zudem hat es weitere günstige Eigenschaften – z. B. treten i. d. R. wenig Hypoglykämien unter Metformin auf. Wenn die Basistherapie durch eine Lebensstilintervention nicht ausreicht, wird Metformin meist als Monotherapie angewendet. Bei Metforminunverträglichkeit bzw. Kontraindikationen sollte den Empfehlungen der Deutschen Diabetes-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin entsprechend, Alternativpräparate eingesetzt werden, z.B. DPP4-Inhibitoren oder SGLT2-Inhibitoren.
Auch Sulfonylharnstoffe werden in der NVL erwähnt, hierbei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass es unter einer Sulfonylharnstoff-Therapie zu teilweise ernsten Nebenwirkungen kommen kann. Insbesondere sind in diesem Zusammenhang Hypoglykämien zu nennen, die teilweise einen schweren, selten auch einen tödlichen Verlauf nehmen können.
Darüber hinaus hat eine Metaanalyse auf dem Boden von über 250.000 Patienten, eine Steigerung der Gesamtsterblichkeit unter einer Sulfonylharnstoff-Mono-/bzw. Kombinationstherapie von 92 % berichtet, die kardiovaskuläre Sterberate war in dieser Analyse unter einer Sulfonylharnstofftherapie um 172 % gesteigert. Diese ernstzunehmenden Signale sollten bei der Wahl der Therapie des Patienten mit Typ 2 Diabetes berücksichtigt werden.
Eine Zweifach-Kombination ist für viele Patienten aus metabolischen Gründen notwendig und günstiger in Hinblick auf Nebenwirkungen der Einzelsubstanzen, da in der Kombination häufig niedriger dosiert werden kann. Die Gabe von mehr als zwei oralen Antidiabetika sollte i. d. R. nicht erfolgen, denn die Therapie wird für den Patienten häufig zu unübersichtlich und die Therapietreue sinkt stark. Gleichzeitig kann es zu möglichen Pharmaka-Interaktionen und vermehrten Nebenwirkungen kommen.
Andere medikamentöse Therapieoptionen, wie der Einsatz von DPP4-Inhibitoren sowie SGLT2-Inhibitoren ist nicht mit einem erhöhten Risiko für Hypoglykämien assoziiert. Direkte Vergleichsstudien von DPP4-Inhibitoren vs. Sulfonylharnstoffpräparaten sowie SGLT2-Inhibitoren vs. Sulfonylharnstoffpräparaten konnten eine um bis zu zehnfach verminderte Hypoglykämiefrequenz nachweisen.
Die Blutzuckersenkende Effizienz während des ersten Jahrs dieser Vergleichsstudien war vergleichbar. Im weiteren Verlauf der Studie (die bis zu vier Jahre liefen) waren sowohl die DPP4-Inhibitoren als auch die SGLT2-Inhibitoren einer Therapie mit Sulfonylharnstoffpräparaten bezüglich der Nachhaltigkeit der Erreichung von individuellen HbA1c-Therapiezielen überlegen. Auch diese Aspekte sollten bei der Wahl der adäquaten medikamentösen Therapie des Typ 2 Diabetes berücksichtigt werden.
Bei Patienten mit Adipositas ist auch der Einsatz von GLP1-Rezeptor-Agonisten eine sinnvolle Therapieoption. Diese zu injizierenden Präparate haben eine stärkere, antihyperglykämisch wirkende Effizienz als z.B. DPP4-Inhibitoren oder SGLT2-Inhibitoren, darüber hinaus sind sie mit einer Gewichtsreduktion um im Mittel 3-4 kg assoziiert.
Im weiteren Verlauf des Typ 2 Diabetes mellitus wird häufig eine Insulintherapie notwendig, da sich häufig im zunehmenden Maße eine Insulinsekretionsdefizienz entwickelt. In dieser Phase der Erkrankung, in der die oralen antidiabetisch wirkenden Substanzen nicht mehr zum Erreichen des individuellen HbA1c-Therapieziels ausreichend sind, kommen häufig Basalinsulin zum Einsatz, die vor der Nachtruhe injiziert werden. Diese Basalinsuline werden so auftitriert bis morgendlich Nüchtern BZ-Werte im anzustrebenden Zielbereich erreicht sind, unter Vermeidung von nächtlichen Hypoglykämien.
In Metaanalysen hat sich herausgestellt, dass die Verwendung von Insulin Glargin bzw. Insulin Detemir über NPH-Insulin diesbezüglich Vorteile haben durch eine verminderte Frequenz von nächtlichen Hypoglykämien. Falls auch am Tage eine Insulintherapie notwendig werden sollte, kommen prandiale Insuline zum Einsatz, um auch tagsüber die präprandialen BZ-Zielwerte wieder zu erreichen. Eine Beibehaltung der OAD-Begleittherapie (zumeist Metformin, und/oder DPP4-Inhibitoren, und/oder SGLT2-Inhibitoren) ist häufig sinnvoll.
Zusammenfassend kommt bei der Therapie des Typ 2 Diabetes mellitus einer frühen Diagnosestellung, einer nachhaltigen Erreichung der individuellen Therapieziele, unter Vermeidung von Nebenwirkungen, insbesondere Hypoglykämien und Gewichtszunahme eine überragende Bedeutung zu, um die gefürchteten diabetischen Komplikationen wie z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Dialysepflichtigkeit und Erblindung zu vermeiden.
Quelle: Befund Diabetes 01/2014