COPD bezeichnet eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung; die Abkürzung steht für die englische Bezeichnung chronic obstructive lung disease.
Kanadische Forscher von der Universität Halifax empfehlen COPD-Patienten mit nicht behandelbarer Atemnot den Einsatz von Morphin. In einer qualitativen Studie sprachen sich alle Betroffenen dafür aus, Opioide für zu Hause zuzulassen. Befragt wurden Patienten, deren Angehörige und Ärzte. Letztere blieben skeptisch. Das berichtet das Forscherteam in der kanadischen Fachzeitschrift Canadian Medical Association Journal.
Die getesteten Patienten berichteten einhellig von der beruhigenden Wirkung, der Linderung ihrer Atemnot und einem deutlichen Anstieg ihrer Lebensqualität. Die Opioid-Behandlung „nimmt dir die Anspannung. Man muss nicht mehr ständig so um Luft kämpfen. Man ist viel entspannter“, schilderte ein Patient seine Erfahrungen. Pflegende Angehörige beobachteten darüber hinaus auch ein Abklingen sekundärer Krankheitssymptome wie Angstzustände oder depressive Verstimmungen. Auch ihr eigenes Stresslevel hatte sich im Verlauf der Studie gelegt. Beide Gruppen, Patienten wie Angehörige, sprachen sich einhellig für die Fortsetzung der Morphintherapie aus.
Die meisten Ärzte zögerten allerdings, das Opioid überhaupt zu verschreiben. Als Grund dafür nannten sie mangelnde Erfahrungswerte, nicht abzusehende Nebenwirkungen und die restriktive Rechtslage. In Deutschland ist die Morphin-Gabe bei COPD-Patienten beispielsweise nur bei Hyperventilation und unter stationären Bedingungen erlaubt. Die Gefahr einer möglichen Atemdepression unter Morphin sei zu hoch, heißt es z. B. in der Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga e. V. dazu.
Der Studie zugrunde lagen die Erfahrungen von acht COPD-Patienten, die mit Opioiden behandelt wurden: fünf Männer und drei Frauen im Alter von 52 bis 79 Jahren. Sechs der Patienten lebten in einem städtischen Umfeld. Auf der MRC-Dyspnoemessskala für Atemnot erreichte jeder von ihnen die höchste Stufe: Schon einfaches An- und Auskleiden bereitete den Patienten schwere Atemnot. Keiner von ihnen war in der Lage, das Haus zu verlassen. Behandelt wurden sie bisher mit einer Langzeit-Sauerstofftherapie. Für die Studie nahmen sie die Opioide für vier bis fünf Wochen in unterschiedlichen Dosen ein.
Drei Patienten erhielten vier Mal täglich 0,5 bis 2 mg Morphinsulfat, in einem Präparat, das den Wirkstoff sofort freisetzt. Vier Patienten erhielten zwei Mal am Tag 20 bis 30 g eines Morphin-Äquivalents mit zeitlich verzögerter Wirkung und einem schnell freisetzenden Morphinpräparat bei akuter Atemnot. Ein Patient nahm ein Fentanyl, ein Schmerzmittel, das man sich unter die Zunge legt. Zu den Nebenwirkungen, die bei allen auftraten, zählten leichte Darmträgheit und ein trockener Mund. Vier der Patienten berichteten außerdem von Juckreiz und Schweißattacken.
„Unsere Ergebnisse zeigen eine beträchtliche Diskrepanz zwischen den praktischen Erfahrungen der Patienten und Angehörigen und der gegenwärtigen ärztlichen Praxis“, schreibt das Forscherteam. „Während Ärzte klagen, den Verlauf der Therapie nicht absehen zu können und als Nebenwirkung eine Atemdepression oder gar Atemstillstand befürchten, scheint das Gros ihrer Patienten für alles offen zu sein, was ihre Atemnot lindert.“ Das Team spricht sich deshalb dafür aus, die Leitlinien der wissenschaftlichen Gesellschaften in diesem Punkt zu überarbeiten und Vorbehalten gegen Opioiden bereits in der medizinischen Aus- und Weiterbildung mit breiterer Aufklärung zu begegnen. Künftig werde es nicht mehr darum gehen, ob, sondern wann und welcher Art Opioide verabreicht werden, meinen die Autoren der Studie.
Quelle: Allergikus 3/2012