Krebs ist eine vielschichtige Krankheit. Man versteht darunter jede Veränderung eines Gewebes, bei der die Zellen sozusagen ihre Differenzierung verlieren und daher autonom, also selbstständig wachsen können.
Yoshinori Ohsumi – so lautet der Name des Nobelpreisträgers für Medizin 2016. Für manche Beobachter kam seine Auszeichnung vielleicht überraschend, da insbesondere in der Krebsmedizin derzeit andere Ansätze prominenter – im Sinne von öffentlichkeitswirksamer – behandelt werden. Doch die Forschung des Japaners ist für das Verständnis der Entstehung von Krebs und anderen Krankheiten als auch für deren Behandlung von großer Bedeutung.
Oshumi forscht zu der sog. Autophagie. Dieser Begriff bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie „sich selbst essend“. Gemeint ist damit eine Art Selbstreinigungs- und Recyclingprozess der Zelle. Diese ist in der Lage, verbrauchte oder schadhafte Zellbestandteile abzubauen und zu entsorgen.
Yoshinori Ohsumi forscht seit den 90er-Jahren zu diesem Prozess, u. a. mit Versuchen an Hefezellen, und konnte auf diese Weise 15 an diesem Prozess beteiligte Gene identifizieren. So habe er nach Angaben des Nobelpreiskomitees „neues Wissen darüber geschaffen, wie die Zelle ihren Inhalt recycelt“, heißt es in einem Bericht der Pharmazeutischen Zeitung, und weiter: „Seine Entdeckungen haben den Weg geebnet, um die immense Wichtigkeit der Autophagie in vielen physiologischen Prozessen zu verstehen, beispielsweise bei der Anpassung an Mangelversorgung oder bei der Antwort auf Infektionen.“
Ist dieser Prozess der Autophagie fehlgeleitet oder gestört, kann dies eine (Mit-)Ursache von einer ganzen Reihe von Erkrankungen sein, neben Parkinson und Typ-2-Diabetes beispielsweise auch von Krebserkrankungen. Nach Angaben des Ärzteblatts kann es dann u. a. zu einer fehlenden Tumorsuppression, zu einem fehlregulierten Zelltod oder auch einer fehlenden Beseitigung geschädigter Zellbestandteile kommen. Denn allgemein kann eine funktionierende Autophagie vor Entartungen der Zelle und somit auch vor Tumorwachstum schützen. Dies gilt laut Ärzteblatt vor allem bei Krebserkrankungen im Frühstadium.
Krebsforscher haben jedoch auch in späteren Stadien von Krebserkrankungen ein Interesse daran, den Mechanismus der Autophagie besser zu verstehen und darauf basierend neue Therapien zu entwickeln. So zeigen Untersuchungen, dass Krebszellen die Autophagie ebenfalls für sich zu nutzen wissen: Weiterentwickelte Tumoren haben durch diesen Prozess eine bessere Überlebenschance, was sich u. a. durch Therapieresistenzen bemerkbar machen kann.
Zudem können sich durch den Prozess der Autophagie auch nur einige wenige Tumorzellen wieder regenerieren – und so für Rückfälle sorgen. In diesen späteren Krebsstadien könnte es also hilfreich sein, den für gesunde Zellen sinnvollen Prozess der Autophagie in den Tumorzellen zu unterdrücken. Derzeit werden Substanzen, die hierzu in der Lage sind, in Studien untersucht, etwa bei Darm- oder Brustkrebs. Und besonders bei schwer behandelbaren Tumoren wie dem Bauchspeicheldrüsenkrebs könnten Wirkstoffe, die die Autophagie unterdrücken, für bessere Therapiechancen sorgen.
Quelle: Befund Krebs