Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.
Operation, Chemotherapie, Bestrahlung, Antihormontherapie … – die Schulmedizin hat viele Möglichkeiten, Tumoren zu behandeln. Mithilfe der sog. Komplementären Krebsmedizin gibt es darüber hinaus Möglichkeiten, Nebenwirkungen zu lindern oder die Heilung zu unterstützen. Dr. Anke Ernst vom Krebsinformationsdienst erklärt, was darunter zu verstehen ist und worauf Patientinnen bei der Auswahl der Methoden achten sollten.
Es gibt keine allgemeingültige Definition für komplementäre und alternative Medizin (KAM). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) versteht unter KAM Heilmethoden, die nicht der Tradition des jeweiligen Landes entstammen und deshalb nicht in das dortige Gesundheitssystem integriert sind. Andere Experten definieren KAM als Medizin, die nicht der medizinischen Standardbehandlung entspricht und die entweder anstelle der Standardmedizin (alternativ) oder zusätzlich zur Standardmedizin (komplementär) angewendet wird.
Unterschieden werden generell in der komplementären Krebsmedizin auf Naturprodukte basierte Therapien (z. B. Vitamine, Mineralstoffe und andere Nahrungsergänzungsmittel, Arzneipflanzen-Therapie), die Mind-Body-Therapien (z. B. Meditation, Bewegungstherapien) und sonstige Methoden (z. B. Homöopathie, Ayurvedische Medizin).
Es gibt keine hochwertigen, klinischen Studien, die belegen, dass Komplementärmedizin gegen Krebs wirkt, also die Erkrankung heilt oder deutlich zurückdrängt. Allerdings gibt es Hinweise auf einen Nutzen in der Supportivtherapie: Es gibt Ansätze, die bei der unterstützenden Behandlung von Symptomen durch die Erkrankung oder Therapie hilfreich sein könnten. Beispiele sind Akupunktur zur Linderung von Chemotherapie-bedingter Übelkeit oder Ginseng zur unterstützenden Behandlung von schwerer Erschöpfung (Fatigue). Auch positive Auswirkungen auf die Lebensqualität wurden für verschiedene Methoden beschrieben, beispielsweise für Aromatherapien oder Yoga.
Das Interesse an Komplementärmedizin in der Krebsmedizin hat bei Patientinnen und Medizinern in den vergangenen Jahren zugenommen. Viele Krebspatientinnen möchten bei den Therapieentscheidungen mit einbezogen werden und selbst in der Behandlung aktiv sein. Durch das Internet sind die Möglichkeiten der Eigenrecherche und der Zugang zur Komplementärmedizin sehr einfach geworden. Da eine komplementärmedizinische Therapie „in Eigenregie“ für die Patientinnen nachteilig ausgehen kann, wird dieses Bedürfnis inzwischen auch von vielen Schulmedizinern ernst genommen. Der Trend geht dahin, Patientinnen dabei zu unterstützen, Komplementärmedizin anzuwenden: Im Idealfall soll die wirksame und leitliniengerechte Standardbehandlung mit Methoden ergänzt werden, die ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis haben. Dieser Ansatz wird auch als „integrative Krebstherapie“ bezeichnet.
Vor allem dann, wenn Patientinnen selbst aktiv bei der Behandlung ihrer Krebserkrankung werden wollen, können sie ergänzend zu ihrer Standardbehandlung Komplementärmedizin anwenden.
Sie sollten dies mit ihren behandelnden Onkologen und Ärzten besprechen und gemeinsam mit ihnen eine Nutzen-Risiko-Abwägung treffen. Unabhängige Beratungsangebote wie der Krebsinformationsdienst können dabei helfen. Patientinnen brauchen Information darüber, was sie von einer Methode erwarten können. So werden keine falschen Hoffnungen geschürt. Viele Patientinnen entscheiden sich unabhängig vom bewiesenen Nutzen in klinischen Studien für Komplementärmedizin, weil sie dadurch selbst aktiv werden können. Deshalb sollten sie sich auch über mögliche Risiken informieren. Für alle Methoden gilt: Patientinnen gehen ggf. Risiken ein, wenn sie für eine komplementärmedizinische Therapie auf die etablierte Standardbehandlung verzichten. Auch mögliche finanzielle Belastungen sollten im Blick behalten werden. Viele Verfahren werden als Selbstzahlerleistung angeboten. Die Spannbreite der Kosten ist dabei sehr groß.
Es gibt komplementärmedizinische Ansätze, für die keine Risiken bekannt sind. Dazu gehören vor allem verschiedene Verfahren der Mind-Body-Therapien, wie Qigong oder autogenes Training. Andere Methoden bergen so gut wie keine Risiken, wenn die Patientin dabei durch ihren behandelnden Arzt begleitet und die Methode von einem Spezialisten angewendet wird. Beispiele sind Sport-Trainingsprogramme zur Behandlung von Fatigue, Aromatherapien oder homöopathische Ansätze in der Supportivtherapie von Krebs.
Hoher Beratungsbedarf besteht bei komplementärmedizinischen Ansätzen, die sog. relative Risiken bergen. Das trifft auf die meisten komplementärmedizinischen Methoden zu, die von Patientinnen mit Krebs angewendet werden. Das bedeutet: Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Gegenanzeigen hängen von patientenindividuellen Voraussetzungen ab. So können Vorerkrankungen und der Allgemeinzustand einer Patientin das Ausmaß der Nebenwirkungen beeinflussen. Auch bestimmte Gegenanzeigen gelten nicht für alle Patientinnen gleichermaßen. Es gibt Methoden, die nicht in Schwangerschaft oder Stillzeit, bei Allergien oder bei einem eingeschränkten Immunsystem angewendet werden dürfen.
Raten der Arzt oder Behörden klar von einer Methode ab, sollte das von der Patientin sehr ernst genommen werden. Es gibt Ansätze der Komplementärmedizin, die schwere gesundheitliche Risiken bergen können, wie das Produkt „Miracle Mineral Supplement (MMS)“, bittere Aprikosenkerne (Laetrile) oder das Schöllkraut-Präparat Ukrain.
Möchte eine Patientin eine komplementärmedizinische Therapie anwenden, sollte sie versuchen, folgende Fragen zur Methode zu klären, um ihre Seriosität zu beurteilen:
Quelle: Leben? Leben! 3/2016