Krebs ist eine vielschichtige Krankheit. Man versteht darunter jede Veränderung eines Gewebes, bei der die Zellen sozusagen ihre Differenzierung verlieren und daher autonom, also selbstständig wachsen können.
Während einer Krebstherapie kann auch das größte Sinnesorgan des Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden: die Haut.
Im Rahmen einer Chemotherapie sollen die schnell wachsenden Tumorzellen zerstört werden. Doch die Wirkstoffe der Therapie greifen damit nicht nur diese Tumorzellen an, sondern können auch Haut und Schleimhäute schädigen, die ebenfalls aus schnell wachsenden Zellen bestehen. Die Folge: Die Haut und die Schleimhäute sind trocken. Auch das sog. Hand-Fuß-Syndrom kann während einer Chemotherapie auftreten. „An Handinnenflächen und Fußsohlen ist die Hornhaut besonders dick. Deshalb dringt das Chemotherapeutikum hier sofort in die Hautschicht ein und sammelt sich wie in einem Schwamm. Aus diesem Grund ist in diesen Bereichen die Hautschädigung am stärksten“, erklärt Prof. Dr. Jörg Faulhaber, Schwäbisch Gmünd. Die Zellen an Händen und Füßen werden geschädigt, Rötungen und Schwellungen entstehen.
Darüber hinaus kann die Haut auch unter einer Strahlentherapie leiden. „Die Haut ist die Eintrittspforte für die Strahlen und kann daher geschädigt werden“, erklärt Prof. Faulhaber. Die Symptome ähneln einem Sonnenbrand. Die Haut ist gereizt, auch offene Stellen können entstehen. Doch dank moderner Geräte haben sich die Nebenwirkungen auf die Haut während der Bestrahlungstherapie verringert. Leidet die Haut sehr stark unter der Krebstherapie, kommt bei einer Bestrahlung u. U. auch eine Reduktion der Dosis in Betracht. Allerdings immer nur dann, wenn das Team aus Ärzten dies gemeinsam beraten und entschieden hat.
Zudem sind als Nebenwirkungen einer Krebstherapie Missempfindungen in Händen und Füßen bekannt, sog. Polyneuropathien. Sie sind eine Reaktion auf bestimmte Substanzen, die zur Therapie eingesetzt werden, wie etwa Taxane oder Cisplatin. Die Nerven werden geschädigt, es kommt zu Taubheit oder Schmerzen an den betroffenen Stellen. „Diese Polyneuropathien können Monate oder auch Jahre anhalten“, erläutert Prof. Faulhaber. Die meisten Hautnebenwirkungen nach einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung klingen aber i. d. R. mit dem Ende der Therapie wieder ab.
Um die Haut bestmöglich vor Nebenwirkungen zu schützen, ist eine gute Pflege besonders wichtig. „Patientinnen können die betroffenen Stellen mit lipidhaltigen Cremes pflegen“, bemerkt der Experte. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, möglichst viel Luft an die Haut zu lassen, leichte Kleidung zu Tragen und Sonnenbestrahlung zu vermeiden. „Betroffenen sollte lauwarm und nicht zu lange duschen, keine alkalischen Seifen verwenden, sondern milde Shampoos und Produkte ohne Parfüm“, erläutert Prof. Faulhaber. Wenn sich bestimmte Hautstellen stark entzünden, kann kurzfristig eine Kortisonsalbe Linderung verschaffen.
Patientinnen, die von Polyneuropathien betroffen sind, können hoffen, dass ihnen in Zukunft besser geholfen werden kann. Im Rahmen einer Studie fanden Mediziner heraus, dass ein selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wierderaufnahmehemmer diesen Beschwerden vorbeugen kann. Auch Prof. Faulhaber weiß, dass die Patientinnen sehr unter den Missempfindungen leiden. „Die Lebensqualität kann dadurch zusätzlich beeinträchtigt werden“, bemerkt er und rät Betroffenen sich Hilfe bei Psychoonkologen zu suchen, um die Belastung mental besser verarbeiten zu können.
Quelle: Leben? Leben! 4/2016