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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Neue Therapieoptionen bei Multipler Sklerose

In den letzten Jahren gab es viele Fortschritte, was die Therapie der Erkrankung betrifft. Sie waren zwei Themen, denen sich praktizierende und forschende Neurologen auf dem gemeinsamen Kongress von ECTRIMS (European Committee for Treatment and Research in MS) und ACTRIMS (Americas Committee for Treatment and Research in MS) gewidmet haben.

Die Basistherapie der MS stellt die Immunprophylaxe dar, bei der das Immunsystem medikamentös so beeinflusst wird, dass sich die Ausschüttung entzündungsfördernder Botenstoffe reduziert. Entzündungsreaktionen, wie sie für die MS typisch sind, werden dadurch verlangsamt, sodass sich Schwere und Häufigkeit der Schübe reduzieren. Die Behandlung mit Interferon-beta oder Glatirameracetat ist dabei die Standardtherapie. Beide Substanzen können die Schubrate bei der relapsierend-remittierenden Form der Krankheit reduzieren. Diese Medikamente müssen regelmäßig gespritzt werden. Experten hoffen auf weniger belastende Medikamente, die in Tablettenform eingenommen werden könnten.

Fingolimod ist das erste orale verlaufsmodifizierende MS-Therapeutikum, das in Deutschland eingesetzt wird. Es eignet sich für schwere Verläufe und ist zzt. nur für die Eskalationstherapie der hochaktiven schubförmigen MS zugelassen, wenn eine Basistherapie nicht anspricht. Ende letzten Jahres durchlief der Wirkstoff Teriflunomid erfolgreich die Phase-III-Studien, bei welcher der orale Wirkstoff bei schubförmiger Multipler Sklerose eine ähnliche Wirksamkeit zeigte wie zu injizierende Basistherapeutika.

Der Wirkstoff Fumarsäure kann offenbar die Schubrate bei der Multiplen Sklerose annähernd halbieren und auch die MS-typischen Schädigungen des Gehirns deutlich reduzieren, so das Ergebnis einer Studie, die auf dem Fachkongress ECTRIMS in Amsterdam vorgestellt wurde. „Insbesondere die Kombination aus hoher Wirksamkeit und Sicherheit machen das Medikament zu einer interessanten Behandlungsoption“, kommentierte Studienleiter Prof. Ralf Gold, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Die Experten hoffen, dass Fumarsäure, die seit mehreren Jahren in einigen europäischen Ländern zur Behandlung der Schuppenflechte (Psoriasis) eingesetzt wird, bald zur Behandlung der MS zugelassen wird. Dafür sprächen laut Prof. Gold die Daten zur Verträglichkeit und Sicherheit, die jetzt mit der DEFINE-Studie (Determination of the Efficacy and safety of oral Fumarate IN rElapsing-remitting MS) vorgestellt werden konnten.

An der Studie hatten 1.234 Patienten mit schubförmiger MS und leichten bis mittelschweren Behinderungen teilgenommen, wobei das Fumarsäurepräpart gegen Placebo getestet wurde. Nach zwei Jahren hatten Patienten, die Fumarsäure zweimal täglich einnahmen, 49% weniger Schübe erlitten, und bei dreimaliger Einnahme der Arznei 50% weniger Schübe als mit dem Scheinmedikament. Die Auswertung zeigte einen Unterschied beim Anteil der Patienten, bei denen ein Schub beobachtet worden war: Unter Fumarsäure waren es 9% gewesen, mit dem Scheinmedikament 15%. Etwa 95% der Teilnehmer hatten Nebenwirkungen bemerkt, diese waren mit der Studienarznei ähnlich häufig wie bei dem Scheinmedikament aufgetreten. Nebenwirkungen wie Hautrötungen, Durchfall, Übelkeit und Magenschmerzen waren mit Fumarsäure häufiger aufgetreten als unter Placebo. Diese Beschwerden waren vorwiegend in den ersten 30 Behandlungstagen aufgetreten und dann zurückgegangen. Der Wirkmechanismus der Arznei ist noch nicht vollständig aufgeklärt, jedoch scheint es nicht nur eine dämpfende Wirkung auf die überschießende Immunreaktion bei MS zu haben, sondern auch Nervenzellen zu schützen. Die Forscher hoffen darauf, mit Fumarsäure ein weiteres orales Therapeutikum in Zukunft anbieten zu können.

Zu den Peroralia (Medikamente können geschluckt werden) gehört auch der Immunmodulator Laquinimod, der in zwei Studien zur Therapie der schubförmigen MS untersucht wurde. Laquinimod wirkt nicht immunsuppressiv, beeinflusst die Immunantwort jedoch positiv. Bei der ersten Zulassungsstudie vor einem Jahr konnte der Substanz eine Reduktion der jährlichen Schubrate um 23% bescheinigt werden, wobei die Behinderungszunahme um 36% verringert werden konnte. Die Nebenwirkungen waren vergleichsweise gering. Ziel der zweiten Studie, die auf dem Kongress vorgestellt wurde, war es, die Schubrate im Vergleich zu einem Scheinmedikament zu reduzieren, eine dritte Patientengruppe wurde mit Interferon-beta 1a behandelt. Ohne statistische Anpassungen war der Vergleich zwischen Laquinimod und dem Scheinmedikament bezüglich der Schubrate nicht signifikant. Diese Anpassungen bezogen sich auf Unterschiede in den MRT-Charakteristika der verschiedenen Behandlungsgruppen zu Beginn der Studie. Wurden sie in die Auswertung miteinbezogen, reduzierte Laquinimod die jährliche Schubrate um 21%, das Progressionsrisiko um 33,5% und die Rate des Hirnmassenverlustes um 27,4% im Vergleich zu Placebo. Unabhängig davon lassen die Studienergebnisse auf einen neuroprotektiven Effekt von Laquinimod schließen, eine Spur, die in Zukunft weiterverfolgt wird.

Für Multiple-Sklerose-Patienten, die trotz Basistherapie weiterhin Schübe erleiden, steht der Wirkstoff Natalizumab zur Verfügung. Dieser gehört zu den sog. monoklonalen Antikörpern und bindet Immunzellen, um sie so am Passieren der Blut-Hirn-Schranke zu hindern. Unter Natalizumab-Therapie kann es als Nebenwirkung zu einer Virusinfektion des Gehirns kommen, der progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML). Hier wird in der Forschung daran gearbeitet, zu einer zuverlässigen Risikoeinschätzung zu kommen und die Überwachung der Patienten während der Therapie zu optimieren. Mithilfe durchflusszytometrisch gestützter Untersuchungen des Immunsystems sowie funktioneller Experimente, die die unterschiedlichen Wege der Einwanderung von T-Zellen ins Zentralnervensystem abbilden, wurden die Wirkmechanismen von Natalizumab detailliert untersucht. Daraus konnte ein besseres Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Natalizumab und dem Immunsystem entwickelt werden, das zur individuellen Risikoeinschätzung jedes Einzelnen für die Nebenwirkungen von Natalizumab beiträgt.

Bei der Therapie der MS geht es auch um die Wiederherstellen von Funktionen, die durch die Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen wurden. Dabei spielen Rehabilitationsansätze eine Rolle, die auch Faktoren wie Schmerzen, kognitive Probleme, Fatigue und Tremor berücksichtigen. Im Herbst 2011 wurde eine bedingte – also jährlich zu erneuernde – Marktzulassung für ein orales Medikament mit dem Wirkstoff Fampridin erteilt. Das Präparat verbessert die Gehfähigkeit bei erwachsenen Multiple-Sklerose-Patienten, bei denen eine Gehbehinderung gemäß eines Scores 4-7 auf der EDSS-Behinderungsskala vorliegt. Außerdem wurde Botulinomtoxin Typ A für die Behandlung MS-bedingter neurogener Detrusorhyperaktivität bei neurogener Blase zugelassen.

Quelle: BMS 1/12

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