Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Menschen, die in der Bewältigung ihres Alltags durch eine Krankheit oder Behinderung anhaltend oder vorübergehend eingeschränkt sind, profitieren häufig von der Durchführung einer Ergotherapie. Dabei handelt es sich um eine von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannte Therapieform, die ihre Patienten in die Lage versetzen will, größtmögliche Eigenständigkeit in Alltagsdingen, Beruf und Freizeit zu erzielen bzw. zurückzuerlangen.
Bei der MS stehen drei Behandlungsformen der Ergotherapie im Vordergrund: die sensomotorisch-perzeptive, die psychisch-funktionelle und die neuropsychologisch orientierte Behandlung. Die sensomotorisch-perzeptive Behandlung ist für Menschen mit MS sinnvoll, weil bei ihnen oft die Steuerung von Bewegungen infolge von Nervenschäden bzw. einer mangelnden Übertragung von Sinnesreizen gestört ist. Deshalb fallen manchen von ihnen z. B. Alltagshandlungen schwer, die einer gewissen Feinmotorik oder Koordination von Bewegungen bedürfen. Bei der sensomotorisch-perzeptiven Behandlung üben der Therapeut und der von MS Betroffene daher gemeinsam u. a. diese Alltagshandlungen ein, damit der Patient trotz seiner Störung eigenständig und soweit wie möglich von anderen unabhängig bleibt, sich z. B. trotz vorhandener Bewegungsstörungen selbst anziehen und selbst essen kann.
Können Handlungen nicht mehr auf die gewohnte oder übliche Weise durchgeführt werden, wird der Therapeut darüber nachdenken, mit welchen anderen Mitteln er sie dem Patienten dennoch ermöglichen kann. Auch die Beweglichkeit und Geschicklichkeit werden bei der sensomotorisch-perzeptiven Ergotherapie trainiert, ebenso die Fähigkeit des Patienten, Sinnesreize besser einzuordnen und zu verarbeiten. Außerdem erlernen die Patienten bei Bedarf den Umgang mit Hilfsmitteln, die ihnen den Alltag erleichtern. Ergotherapeuten wählen auch gemeinsam mit ihren Patienten individuell geeignete Hilfsmittel aus.
Die psychisch-funktionelle Ergotherapie hat zum Ziel, den Patienten bei der Bewältigung seiner Krankheit und der damit einhergehenden Probleme zu unterstützen, ihn seelisch zu stabilisieren. Bei von MS Betroffenen wird die psychisch-funktionelle Behandlung auch eingesetzt, um den Umgang mit Beschwerden wie Fatigue zu erleichtern. Dazu führen Ergotherapeuten Gespräche mit ihren Patienten, setzen aber auch gezielt Behandlungsformen wie Kunsttherapie und Entspannungsmethoden ein.
Die neuropsychologisch orientierte Behandlung ist für allem für MS Betroffene wichtig, bei denen kognitive Störungen vorliegen, also z. B. Probleme mit der Aufmerksamkeit, der Merkfähigkeit, der räumlichen Wahrnehmung und der Orientierung. Abhängig von den vorliegenden Problemen planen Ergotherapeut und Patient, in welchen Bereichen hauptsächlich Behandlungsbedarf besteht. Gedächtnisleistungen z. B. können durch gezieltes Training (Kopfrechnen, Lösen von Rätseln usw.) gesteigert werden. Auch computergestützte Therapien werden eingesetzt. Ebenso wichtig ist bei dieser Form der Ergotherapie auch, dem Patienten Kompensationsstrategien für kognitive Probleme zu zeigen (z. B. das Schreiben eines Einkaufszettel bei Problemen mit der Merkfähigkeit).
Quelle: Befund MS 01/2013