Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Im Interview erläutert Prof. Dr. Heidenreich, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Ratgeber MS, welche Punkte für ihn als Arzt im Umgang mit MS sowie in Therapie und Forschung bedeutsam sind.
Für den Arztberuf habe ich mich entschieden, da sich meine Interessen an den Naturwissenschaften und die Arbeit für und mit anderen Menschen so am besten verwirklichen lassen. Multiple Sklerose stellt dabei eine der Krankheiten dar, die im Zentrum der Forschung stehen und bei denen sich schon viele neue Behandlungsmöglichkeiten ergeben haben. Dies wird sich noch weiter fortsetzen, wenn unser Verständnis über die Ursachen und Mechanismen der Krankheit weiter wächst. Schließlich finde ich auch den Umgang mit den ja meist jungen Patienten, die von der Erkrankung beeinträchtigt sind, sehr wichtig und hoffe hier etwas unterstützend tätig werden zu können. Das drückt sich auch in meiner Mitarbeit in Selbsthilfegruppen wie der DMSG aus.
Patienten sind heute gut informiert, insbesondere dank des Zugangs zum Internet. Wir müssen das als Ärzte berücksichtigen und die Patienten partnerschaftlich und nicht, wie früher häufig zu beobachten, autoritär behandeln.
Wie bei allen chronischen Erkrankungen ist eine allgemein gesunde Lebensweise gesundheitsfördernd. Damit lassen sich die MS-bedingten Defizite besser kompensieren. Dies gilt insbesondere für körperliche Aktivität, aber auch gesunde Ernährung. Ich kenne aber keine überzeugenden Daten, dass durch gesunde Ernährung der Krankheitsverlauf günstig beeinflusst wird.
Einer der Irrtümer ist, dass jeder Patient im Rollstuhl landet, ebenso ist die Meinung überholt, dass Schwangerschaften sich ungünstig auswirken. Durch die modernen Therapien können wir hier zusätzlich positiv einwirken.
Diese Frage lässt sich nicht kurz beantworten. Ich rate schon zu einer frühen Therapie mit den sogenannten immunmodulatorischen Therapien. Ich halte aber den Einsatz von sehr nebenwirkungsreichen Therapien bei leicht betroffenen Patienten für unzulässig. Insbesondere häufige Wechsel der Therapieform führen dazu, dass letztlich keine Therapie ihren Effekt entwickeln kann. Ein weiterer wichtiger Punkt für die Lebensqualität ist die sorgfältige Behandlung der Nebenwirkungen dieser Therapien ebenso wie der Einsatz der sogenannten symptomatischen Behandlung, durch die zahlreiche Krankheitsfolgen erträglicher werden. Ich rate von rein naturheilkundlichen Behandlungen ab, da den Betroffenen der Nutzen der wissenschaftlich erprobten Therapien vorenthalten wird. Ich habe aber nichts gegen ihren zusätzlichen Einsatz.
Quelle: Ratgeber MS 2012