Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Angststörungen, Essstörungen und Depressionen treten bei Menschen mit Diabetes häufiger auf als bei Nicht-Erkrankten, informiert die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG). Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ist doppelt so groß. Die Möglichkeiten zur Behandlung sind gut und versprechen hohe Erfolgsquoten.
Die ÖDG erläutert, dass die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen bei Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2 unterschiedlich ist und mit den pathophysiologischen sowie psychopathologischen Hintergründen zusammenhängt. Das Risiko für das Erkranken an einer Depression ist für Patienten mit Diabetes doppelt so hoch wie für Nicht-Erkrankte. Bei Typ-2-Diabetes liegt die Häufigkeit für diese Erkrankung bei 17,2 %, ohne Diabetes bei 9,8 %. Frauen sind mit 23,8 % häufiger betroffen als Männer mit 12,8 %. Grund für das vermehrte Auftreten von Depressionen bei Patienten mit Diabetes ist einerseits die psychische Belastung durch das Bestehen der chronischen Erkrankung, andererseits aber auch andere Auslöser. Das können subklinische (leicht verlaufende) Entzündungen und Hyperaktivität der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse sowie des sympathischen Nervensystems sein. Der Hypothalamus ist ein Teil des Zwischenhirns und die Hypophyse eine Art Schnittstelle, mit der das Gehirn die Freisetzung von Hormonen reguliert.
Laut ÖDG wird es mit zunehmender Schwere der Depression schwieriger, die richtige Diabeteseinstellung zu finden. Zudem können sich depressive Patienten schwerer bis gar nicht motivieren, ihren Therapieplan einzuhalten. Es fällt Betroffenen häufig schwer, über ihre Depression zu sprechen, da diese als Gefühlsschwäche oder persönliches Versagen interpretiert werden kann. Zudem werden Symptome einer Depression häufig nicht erkannt. Es wurde ein Test entwickelt, der eine Diagnose der Depression mit zwei Fragen möglich machen soll. Die erste Frage lautet: Gab es in den letzten vier Wochen eine Zeitspanne, in der sie sich nahezu jeden Tag niedergeschlagen, traurig oder hoffnungslos fühlten? Und die zweite Frage: Gab es eine Zeitspanne, während der sie das Interesse an Tätigkeiten verloren haben, die ihnen sonst Freude machen? „Wenn sie diesen Test positiv beantworten, sollten sie sich bitte nicht scheuen, einen Arzt zu besuchen“, empfiehlt Univ.-Prof. Dr. Hermann Toplak. Denn eine Depression lässt sich gut behandeln. Aber im gemeinsamen Auftreten mit anderen Krankheiten, „vor allem in Verbindung mit Diabetes, kann eine Depression besonders gefährlich werden“, so Univ.-Prof. Toplak.
Laut Mag. Dora Beer, klinische Gesundheitspsychologin, gibt es einen wechselseitigen Zusammenhang zwischen Diabetes und Depressionen. Die Expertin erklärt auf diabetes-austria.com, dass nicht nur das Depressionsrisiko nach einer Diabeteserkrankung höher ist, sondern auch, dass Menschen mit Depressionen im weiteren Verlauf ein größeres Risiko haben, an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Dabei treten depressive Reaktionen vor allem bei der Diagnosestellung sowie bei der Umstellung einer oralen Therapie auf eine Insulintherapie auf. Nicht nur die Erkrankten, auch Familienmitglieder können depressiv reagieren. So entwickeln etwa die Hälfte aller Mütter eines an Diabetes erkrankten Kindes depressive Reaktionen. Grundsätzlich ist so eine Reaktion laut Mag. Beer eine seelische Antwort auf ein derart einschneidendes Ereignis. Bleiben die Symptome allerdings über mehrere Wochen und Monate bestehen, kann sich eine ernsthafte Depressionserkrankung dahinter verbergen, die eine Abklärung notwendig macht. Charakterisiert wird eine depressive Episode durch klinische Symptome wie depressive Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit, Antriebsmangel und gesteigerte Ermüdbarkeit. Zusätzlich können weitere Symptome wie etwa vermindertes Denk- und Konzentrationsvermögen, Verlust des Selbstvertrauens und Selbstwertgefühls oder unbegründete Selbstvorwürfe und Schuldgefühle auftreten. Auch psychomotorische Hemmungen, wiederkehrende Gedanken an den Tod, Suizidgedanken, Schlafstörungen aller Art sowie Appetit- oder Gewichtsverlust können zusätzliche Anzeichen für eine Depression sein.
„Mit der richtigen Therapie können 80 % der Erkrankten erfolgreich behandelt werden“, sagt Mag. Beer. Je nach Schweregrad der Depression haben sich psychoedukative Ansätze, wie Information, Schulung und Beratung, sowie psychologische und psychotherapeutische Interventionen und der Einsatz von Antidepressiva als wirksam erwiesen. „Meist hat eine Kombination aus medikamentöser und psychologischer sowie psychotherapeutischer Behandlung den größten Erfolg.“ Wichtig ist, anhaltende Symptome der Freud-, Gefühl-, Interessens-, Antriebs- und Schlaflosigkeit ernst zu nehmen und mit dem Arzt darüber zu sprechen.
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Quelle: Befund Diabetes Österreich 2/2016