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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Schmerzsyndrome bei MS

Eine in der Zeitschrift „Der Nervenarzt“ veröffentlichte Studie belegt, was viele MS-Patienten seit Jahren leidvoll erfahren: die typischen komplexen Schmerzsyndrome, häufig die belastendsten Begleiterscheinungen der Multiplen Sklerose, werden von den behandelnden Ärzten bis heute allzu oft nicht angemessen wahrgenommen und therapiert. Die Studie von Pöllmann et al., durchgeführt an 157 MS-Patienten an der Marianne-Strauß-Klinik Milchberg, verweist auf einen dringenden ärztlichen Handlungsbedarf. Eine Sensibilisierung für dieses Problem MS-Betroffener, jedoch auch eine verstärkte Eigeninitiative der Patienten tut Not.

Das Schmerzerleben

Schmerz ist ein komplexes subjektives Erlebnis, das auf verschiedenen Ebenen stattfindet: auf der sensorischen Ebene (wo, wie intensiv, in welcher Qualität und wie lange wird der Schmerz empfunden?), auf der gedanklich-gefühlsmäßigen Ebene (der Betroffene ist ärgerlich oder niedergeschlagen, weil die Schmerzen häufig auftreten und eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellen; negative Vorstellungen von den künftigen Entwicklungen dominieren das Denken) und auf der Verhaltensebene (Rückzug von Familie und Freunden, Vermeidung von körperlichen Aktivitäten etc.).

Akuter und chronischer Schmerz

Akuter Schmerz mit einer Dauer von einigen Tagen bis zu etwa einer Woche ist zeitlich begrenzt und wird in der Regel durch äußere Einwirkungen (z. B. Verletzungen) oder akute innere Prozesse (z. B. Entzündungen) ausgelöst. Er hat eine Schutzfunktion, die zur Schonung zwingt und der Wiederherstellung der körperlichen Unversehrtheit dient. Schmerzen im prächronischen Stadium, die bis zu einigen Monaten anhalten, besitzen diesen Signalcharakter teilweise auch noch. Sie können z. B. auf eine ständige körperliche Fehlbelastung bzw. – haltung oder auf ein Übermaß an Stress hindeuten. Der chronische Schmerz hingegen, der länger als 6 Monate andauern kann, hat in der Regel seine Warnfunktion verloren und ist zu einer eigenständigen Erkrankung mit einem typischen Erscheinungsbild geworden: Die Betroffenen sind oft reizbar und niedergeschlagen, sie fühlen sich durch erfolglose Behandlungsversuche hilflos und ausgeliefert. Ein Rückzug von sozialen Kontakten sowie berufliche und familiäre Probleme sind nicht selten die Folge. Diese sozialen Folgen wiederum beeinflussen das Schmerzerleben negativ. Der Patient gerät in einen Teufelskreis, in dem die depressive Seelenlage die Schmerzen, die mehr und mehr lebensbestimmend werden, verstärkt und die Schmerzen die psychische Verfassung negativ beeinflussen. Zu den primär chronischen Schmerzen werden Migräne, postzosterische Neuralgie, Stumpf- und Phantomschmerz, Cluster-Kopfschmerz etc. gezählt.

Schmerzursachen bei MS-Patienten

Die Schmerzen, die bei Multiple Sklerose-Betroffenen auftreten, lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen:Direkt MS-bedingte Schmerzen entstehen als Folge entzündlicher Prozessen an schmerzleitenden oder –verarbeitenden Strukturen des zentralen Nervensystems. Hierzu zählen z. B.Trigeminusneuralgien und „brennende“ Missempfindungen. Indirekt auf die MS zurückgehende Schmerzen können z. B. durch Fehlhaltungen oder Überlastung von Muskeln und Gelenken, Spastik oder Dekubitalgeschwüre verursacht werden. Darüber hinaus kommen bei MS-Betroffenen auch Schmerzen im Rahmen von Zweiterkrankungen (z. B. Osteoporose oder degenerative Skeletterkrankungen) vor. Idiopathische, also unabhängig von anderen Krankheiten entstandene Schmerzen (z. B. primäre KopfLEBEN MIT MS schmerzen), können natürlich bei MS-Erkrankten ebenfalls auftreten. Neuerdings sind auch Schmerzerscheinungen im Zusammenhang mit immunmodulatorischen Therapien (z. B. Interferonen) im Gespräch.

Schmerzsyndrome Bei Multipler Sklerose

Pöllmann et al. nahmen in die Auswertung ihrer Studie an MS-Patienten nur die als schwer klassifizierten Schmerzen auf, die innerhalb des vorangegangenen Jahres mindestens drei Mal und/oder über einen Zeitraum von einer Woche kontinuierlich aufgetreten waren. Es stellte sich heraus, dass 61% der untersuchten MS-Patienten an 176 Schmerzsyndromen litten. In der Reihenfolge der am häufigsten genannten Syndrome waren dies Kopfschmerzen/Migräneattacken (40%), schmerzhafte Missempfindungen (19%), Kreuzschmerzen (17%) und schmerzhafte Spastiken (11%). Die Wahrnehmung und Behandlung der Schmerzen seitens der Ärzte wurde überwiegend als unbefriedigend angesehen.

Behandlung chronischer Schmerzen

Da chronischer Schmerz sich als ein Puzzle aus körperlichen, seelischen und sozialen Bausteinen darstellt, kann eine Kombination von medikamentöser und nichtmedikamentöser Therapie (z. B. Akupunktur), physikalischer Therapie (z. B. Krankengymnastik) und Schmerzpsychotherapie sinnvoll sein.Voraussetzung ist eine sorgfältige medizinische und psychologische Diagnostik. MSPatienten sollten das Thema Möglichkeiten der Schmerzdiagnostik und –therapie bei ihrem behandelnden Arzt aktiv ansprechen und um eine individuelle Beratung und Therapiekonzeption bitten.

Schmerzbewältigungstraining

Spezielle Schmerzbewältigungstrainingsprogramme sollen Patienten mit chronischen Schmerzen helfen, Depressivität, Resignation und Hilflosigkeit zu vermeiden bzw. zu durchbrechen. Im Rahmen solcher Programme erhalten Betroffene emotionale Unterstützung und Anleitung zu einer aktiven Krankheitsbewältigung. Die Patienten erlernen Verfahren zur aktiven Schmerzkontrolle und zur Distanzierung von ihren Schmerzen. Das in der Schmerztherapie häufig eingesetzte Programm „Schmerz im Gespräch“ wurde von Ärzten, Psychologen und Krankengymnasten der Universität Marburg in Zusammenarbeit mit Schmerzambulanzen und Schwerpunktpraxen entwickelt. Wesentliche Punkte des Programms sind Information, Entspannung, die Veränderung von negativen schmerzbegleitenden Gedanken und Gefühlen, die Förderung positiven Erlebens und ein Aktivitätsmanagement, bei dem das individuell angemessene Verhältnis von Aktivität und Erholung ausgelotet wird. Ein solches Schmerzbewältigungstraining kann Betroffenen helfen, wieder anderen Dingen in ihrem Leben Raum zu geben und trotz bestehender Schmerzen ihre Lebensqualität zu verbessern. Die Trainings werden zum Teil in akut-stationären Schmerz- und Rehabilitationskliniken als Bestandteil eines integralen Therapiekonzeptes angeboten. Im ambulanten Bereich besteht bei einigen Krankenkassen die Möglichkeit einer Teilerstattung der Kursgebühren.

Quellen und weitere Informationen

Deutsche Schmerzhilfe e.V. (www.schmerzhilfe.de) „Schmerzen bei Multipler Sklerose – ein immer noch unterschätztes Problem“,W. Pöllmann et al. Der Nervenarzt 2004, 75:135-140 (walter.poellmann@ms-klinik.info) Deutsche Gesellschaft für Neurologie (2003) Leitlinien:Therapie der Migräne. Episodischer und chronischer Spannungskopfschmerz. (www.dgn.org) Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft DMKG (2000) Therapieempfehlungen:Therapie der Migräneattacken und Migräneprophylaxe. (www.dmkg.de)

Anke Tennemann

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