Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Reisen mit MS sind ohne Weiteres möglich, allerdings erfordern sie i. d. R. mehr Planung als ein Urlaub für Gesunde. Besonders gut vorbereitet werden müssen Urlaubsaufenthalte, wenn bereits Bewegungseinschränkungen vorliegen. Denn für Rollstuhlfahrer, aber auch für Benutzer von Rollatoren oder anderen Gehhilfen muss das Urlaubsdomizil und – falls möglich auch der Urlaubsort – weitgehend barrierefrei sein.
Daneben müssen sich Menschen mit MS vor der Reise mit einer ausreichenden Menge an Medikamenten für den Urlaubsaufenthalt eindecken. Es muss zudem sichergestellt sein, dass diese am Urlaubsziel richtig gelagert werden. Das erfordert ein gewisses Maß an Vorbereitung, genau wie die Auswahl des passenden Reiseziels.
Nicht alle Reiseziele sind für Menschen mit MS gleich gut geeignet. Länder etwa, in denen zur Reisezeit heiße Temperaturen herrschen, sind für vom Uhthoff-Phänomen Betroffene eher ungünstig. Die Hitze kann MS-Beschwerden verstärken und dazu führen, dass der Urlaub anstrengend, statt erholsam ist. Wer Badeurlaub machen möchte, sollte daher besser ein Reiseziel mit moderaten klimatischen Verhältnissen auswählen oder eine Reisezeit wählen, zu der die Temperaturen niedriger liegen. Das gilt auch für Urlauber, die Bildungs- oder Aktiv-Urlaub vorziehen.
Bei den Aktivitäten, die sich Menschen mit MS für den Urlaub vornehmen, ist weniger oft ebenfalls mehr. Denn größere Anstrengungen sind bei MS – vor allem bei höheren Temperaturen – eine stärkere Belastung als für Gesunde. Deshalb kann es z. B. sinnvoll sein, sportliche Aktivitäten auf eigene Faust zu unternehmen, statt einen Aktivurlaub in der Gruppe zu buchen. Wer körperlich eingeschränkt ist, sollte den Urlaubsort so wählen, dass die gewünschten Aktivitäten vor Ort ohne größere Probleme mit dem Rollstuhl oder jeweiligen Gehhilfe möglich sind. An manchen Urlaubsorten mit Strand ist es z. B. möglich, sog. Strandrollstühle mit breiten Reifen zu leihen, die auch badetauglich sind. Solche Strandrollstühle, die auseinander gebaut werden können, lassen sich bei Bedarf auch vor dem Urlaub leihen und neben dem eigenen Rollstuhl mit auf die Reise nehmen. In jedem Fall sollte jedoch vor der Buchung einer Reise mit Strandurlaub darauf geachtet werden, dass der Zugang zum Strand barrierefrei möglich ist und keine Treppen zum Strand führen.
Barrierefrei sollte für Menschen mit Bewegungseinschränkungen auch die Unterkunft sein. Da heißt es z. B. darauf zu achten, dass die Räume ausreichend große Türen haben, die gebuchten Zimmer ebenerdig liegen oder mit dem Fahrstuhl zu erreichen sind und sich keine Treppen oder andere Hürden auf dem Weg zum Speisesaal, zur Rezeption usw. befinden. Hilfe bei der Auswahl des barrierefreien Urlaubsorts bietet u. a. der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter.
Menschen mit MS stehen, wie andere Reisende auch, vor der Frage, ob sie die Reise auf eigene Faust organisieren und unternehmen oder eine Pauschalreise oder sogar eine Gruppenreise buchen sollen. Hier gilt: Jeder von MS Betroffene wählt aus, was zu ihm passt. Bei Gruppenreisen sollten von MS-Patienten jedoch darauf achten, dass die geplanten Aktivitäten sie nicht überlasten. Menschen mit Bewegungseinschränkungen müssen sicherstellen, dass die Reise explizit auch für sie geeignet ist, dass z. B. ein Rollstuhl oder Rollator im gewählten Verkehrsmittel Platz findet, die geplanten Aktivitäten auch mit Bewegungseinschränkungen möglich sind usw.
Vor jeder Reise heißt es, sich mit einer ausreichenden Menge der benötigten Arzneimittel einzudecken. Ohnehin sollten MS-Kranke vor der Urlaubsbuchung mit dem Arzt sprechen und fragen, ob aus medizinischer Sicht etwas gegen die geplante Reise spricht. Für manche Urlaubsorte und -regionen gibt es etwa Impfempfehlungen. Impfungen mit Totimpfstoffen (z. B. gegen Tetanus, Tollwut oder Diphterie) stellen für Menschen mit MS meistens kein größeres Problem dar, doch Impfungen mit Lebendimpfstoffen (z. B. Gelbfieber-, Masern- oder Tuberkuloseimpfung) können u. U. einen MS-Schub begünstigen, weshalb i. d. R. von ihnen abgeraten oder zumindest sehr genau die Risiken gegenüber dem Nutzen abgewogen werden. Von Urlaubsreisen in Gebiete, für die Impfungen mit Lebendimpfstoffen empfohlen werden, sollten MS-Patienten daher besser absehen. Sollten andere Impfungen nötig sein, müssen diese i. d. R. eine gewisse Zeit vor der Reise durchgeführt werden, damit der Impfschutz gewährleistet ist.
MS-Patienten sollten sich vor Antritt einer Reise zudem erkundigen, wie es um die ärztliche Versorgung am Urlaubsort bestellt ist. Denn es können immer gesundheitliche Probleme auftreten, für die die Hilfe von Ärzten nötig ist, die sich mit MS auskennen. Für diesen Fall sollten MS-Kranke deshalb auch vor Reisen ins Ausland eine Auslandskrankenversicherung (mit Einbeziehung chronischer Krankheiten) abschließen, da die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für medizinische Behandlungen nicht in allen Ländern übernehmen. Auch in Ländern, mit denen die Krankenkassen Abkommen über die medizinische Versorgung haben, tragen sie nicht alle Behandlungskosten. MS-Patienten, die die Sprache des Urlaubslandes nicht sprechen, sollten sich vor Reiseantritt die wichtigsten Sätze zu ihrer Krankheit in der Landessprache heraussuchen, mit denen sie bei Bedarf dem Gesundheitspersonal erklären können, dass sie von MS betroffen sind und welche Medikamente sie benötigen.
Da manche Medikamente zur Behandlung von MS unter bestimmten Bedingungen (z. B. bestimmten Temperaturen, die nicht unter- oder überschritten werden dürfen) aufbewahrt werden müssen, muss sichergestellt sein, dass diese Bedingungen sowohl während der Reise als auch am Urlaubsort gegeben sind. In wärmeren Ländern etwa sollte die Unterkunft die Möglichkeit bieten, die Medikamente an einem kühlen (nicht zu kalten) Ort aufzubewahren. Während der Reise müssen die Medikamente in einer Isoliertsche oder Transportbox transportiert werden und bei Bedarf erreichbar sein. Das bedeutet für Flugreisen, die Medikamente mit in die Kabine zu nehmen.
Damit es hier keine Probleme gibt, sollten von MS Betroffene zeitig vor Antritt der Flugreise nachfragen, welche Bescheinigungen sie brauchen (z. B. Medikamentenpass, ärztliches Attest usw.). Manchmal sind auch Einfuhrbescheinigungen fürs Gastland (in der jeweiligen Landessprache) notwendig, um die Medikamente ins Land zu bringen. Geht die Urlaubsreise in mehrere Länder (z. B. eine Rundreise), sind u. U. mehrere Einfuhrbescheinigungen und Übersetzungen notwendig. Diese Unterlagen brauchen Reisende unabhängig vom Verkehrsmittel, das sie bei einer Reise ins Ausland benutzen.
Quelle: Befund MS 1/2016