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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Die unsichtbare Seite von MS

Zur unsichtbaren Seite von MS zählen direkte oder indirekte Folgeerkrankungen wie Depressionen, Fatigue, kognitive Störungen, Blasenstörungen oder das Uhthoff-Syndrom. Als unsichtbar werden sie bezeichnet, weil andere Menschen diese Erkrankungen/Symptome nicht auf den ersten Blick erkennen können und/oder mit MS in Verbindung bringen.

Gesunde Menschen verstehen oft nicht, warum von MS Betroffene z. B. weniger belastbar, häufig müde oder aber vergesslich sind. Daher glauben Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen und manchmal sogar die engsten Familienangehörigen in vielen Fällen, dass die an MS Erkrankten an ihrer Situation etwas ändern könnten, wenn sie nur wollten.

MS-Patienten müssen sich daher oft erklären oder sogar verteidigen, wenn sie weniger leistungsfähig sind. Insbesondere bei einer Depression (bis zu 70% der Patienten sind im Verlauf der MS von Depressionen betroffen) fällt das jedoch schwer oder ist nahezu unmöglich. Auch bei Fatigue haben viele nicht die Kraft dazu.

Über andere Folgen der MS wie Blasenfunktionsstörungen oder kognitive Probleme zu reden, ist aus Schamgefühl oft bereits im engsten Familienkreis schwierig. Unter Umständen ziehen sich Betroffene daher aus zurück – einerseits, weil sie das Leben beeinträchtigende Symptome wie Blasenstörungen nicht offenlegen wollen, andererseits, weil ihnen die Kraft und manchmal auch die Lust fehlt erklären zu müssen, warum sie sich an bestimmten Aktivitäten nicht beteiligen können oder wollen oder warum sie in manchen Situationen auf eine bestimmte Art und Weise reagieren. Ein sozialer Rückzug kann die Symptome (z. B. die einer Depression) unter Umständen noch verstärken.

Besteht die Überlegung, dass eine Depression die Ursache für die Verhaltensänderung sein könnte, ist es sinnvoll, den Erkrankten darauf anzusprechen. In einigen Fällen erkennen MS-Patienten nicht selbst, dass sie von einer Depression betroffen sind. Denn eine Depression äußert sich nicht immer mit großer Traurigkeit, sondern stattdessen oft mit einem Gefühl der Leere, mit Überforderung oder dem Verlust des Gefühls der Selbstwirksamkeit.

Da eine Depression möglichst rasch behandelt werden sollte, sollten nahestehende Personen nicht davor zurückscheuen, Betroffene anzusprechen. Auch kann es unter Umständen hilfreich sein, bei der Suche nach einem mit der Behandlung von Depressionen vertrauten Arzt und einem Psychotherapeuten zu helfen oder andere Schritte in die Wege zu leiten, damit möglichst rasch eine Behandlung erfolgen kann.

Wichtig: Behutsamkeit

Da es von MS Betroffenen schwerfallen kann, über körperliche und psychische Folgen der MS zu reden, sollten ihnen Nahestehende behutsam vorgehen, sollten sie sie auf Veränderungen ansprechen, die ihnen aufgefallen sind. Sollte ihnen zu einem direkten Gespräch der Mut fehlen, kann es sinnvoll sein, die engsten Angehörigen über Auffälligkeiten zu informieren. Denn Familienmitgliedern fallen insbesondere schleichend verlaufende Veränderungen im Verhalten nicht sofort auf, weil sie ständig mit den an MS Erkrankten in Kontakt stehen.

Manchmal verschließen Angehörige auch die Augen vor der unsichtbaren Seite der MS. Die meisten versuchen zwar, ihrem Familienmitglied soweit wie möglich zu helfen, allerdings fühlen sich viele bereits mit der Bewältigung der sichtbaren körperlichen Veränderungen der MS überfordert. Sie können Defizite ausgleichen, z. B. Aufgaben im Haushalt übernehmen, zu denen an MS Erkrankte etwa wegen Fatigue nicht in der Lage sind.

Die Mehrbelastung für die Angehörigen wiederum kann dazu führen, dass sie ein allmähliches Fortschreiten der unsichtbaren Symptome (z. B. eine Abnahme der Leistungsfähigkeit) nicht wahrnehmen – ein Teufelskreis. Ein Gespräch mit anderen Betroffenen z. B. in einer Selbsthilfegruppe kann ein wahrer Augenöffner sein.

Sinnvoller als mit Familienangehörigen zu reden, ist es immer, mit von MS Betroffenen selbst zu sprechen. Denn kein Mensch mag es, wenn über den eigenen Kopf hinweg über ihn geredet wird. Hinzukommt: Freundschaft bedeutet auch, anderen in schwierigen Situationen zur Seite zu stehen und, falls nötig, unangenehme Themen anzusprechen, unter Umständen sogar Lösungswege aufzuzeigen und Betroffenen dabei zu helfen, diese Wege zu gehen.

Ein Beispiel: Bei einer Depression kann es Betroffenen bereits helfen, wenn Freunde geeignete Ärzte und Psychotherapeuten heraussuchen und bei Bedarf notwendige Telefongespräche führen oder den an MS Erkrankten zum Arzt zu begleiten. Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, mit dem an MS erkrankten Freund einen Beratungstermin bei der nächstgelegenen Beratungsstelle der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) zu vereinbaren. Die dort Tätigen wissen, welche Kliniken und Arztpraxen auf die Probleme von Menschen mit MS spezialisiert sind, und helfen dabei, individuelle Wege zur Krankheitsbewältigung.

Scham überwinden

Angehörige und Freunde können zudem dazu beitragen, dass MS-Patienten ihre Scham überwinden, mit dem behandelnden Arzt über vermeintliche Tabuthemen wie Blasenfunktionsstörungen, Fatigue, kognitive Probleme oder eine Depression zu sprechen. Den meisten Menschen ist es unangenehm, anderen (auch einem Arzt) mitzuteilen, dass sie schnell etwas vergessen, von Aufmerksamkeits- oder Wahrnehmungsstörungen betroffen sind, ihre Libido leidet oder unwillkürlicher Harnverlust auftritt.

Die Ursache liegt zumeist in unterbrochenen oder gestörten Informationsleitungen zwischen den Nervenzellen. Ein Gespräch über diese Themen erfordert ein intaktes Vertrauensverhältnis. Der an MS Erkrankte muss sicher sein, dass die Informationen aus dem Gespräch nicht weitergegeben werden.

Wirkliches Interesse am Gesundheitszustand des von MS Betroffenen ist eine weitere Voraussetzung. Angehörige oder Freunde sollten daher signalisieren, dass sie jederzeit ein offenes Ohr für die gesundheitlichen Probleme des MS-Patienten haben und die geteilten Informationen keine Belastung darstellen. Außerdem sollten sie gemeinsam mit Betroffenen überlegen, was getan werden kann, um die (unsichtbaren) Folgen der MS zu überwinden oder abzumildern. Auch sollten sie Mut machen, den Arzt aufzusuchen.

Bei Blasenfunktionsstörungen etwa gibt es – neben Hilfsmitteln wie Inkontinenzeinlagen – die Möglichkeit des intermittierenden Selbstkatherismus. Mithilfe eines Katheters, der durch die Harnröhre bis zur Harnblase eingeführt wird, können viele Betroffene ihre Blase z. B. vor einer gemeinsamen Unternehmung vollständig entleeren, sodass die Angst vor unwillkürlichem Urinabgang entfallen kann.

Bei Fatigue hilft es in der Regel, auf den eigenen Körper zu hören und Ruhepausen einzulegen, wenn er es verlangt. Angehörige und Freunde können den MS-Betroffenen darauf vorbereiten, mit dem Arbeitgeber hierüber zu reden. Vielleicht gibt es im Betrieb die Möglichkeit, bei Bedarf eine kurze Pause zu machen oder die Arbeitszeit zu verkürzen.

Sexuelle Störungen wie die erektile Dysfunktion, die als Folge von MS auftreten können, sollte die Partnerin oder der Partner ansprechen. Eine befriedigende Sexualität ist in vielen Fällen auch bei sexuellen Störungen möglich. Voraussetzung dafür ist ein offenes Gespräch. Insbesondere Männern fällt es schwer, sich auf die veränderten Gegebenheiten einzulassen. Signalisiert die Partnerin oder der Partner, dass eine befriedigende Sexualität nicht zwingend Geschlechtsverkehr voraussetzt, fällt es ihnen oft leichter, mit der sexuellen Störung umzugehen.

Selbst wenn solche oder ähnliche Gespräche am Gesundheitszustand von MS-Patienten nichts ändern, erleichtert es MS-Patienten in vielen Fällen zu wissen, dass es Personen gibt, die sie ernstnehmen und mit denen sie jederzeit über ihre gesundheitlichen Probleme sprechen können.

Quelle: Befund MS 2/2019

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