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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

MS: Hilfe bei Blasenschwäche

Blasenschwäche gehört zu den Beschwerden, die die meisten Betroffenen ungern thematisieren – auch bei ihrem behandelnden Arzt. Dabei ist die sog. Harninkontinenz weit verbreitet: zwischen 50% und 80% der Menschen mit MS sind im Verlauf ihrer Krankheit von ihr und weiteren Blasenstörungen betroffen, so die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband (DMSG).

Blasenschwäche bei MS ist i. d. R. neurologisch bedingt, d. h., die Nervenbahnen übertragen nicht mehr alle Informationen, die notwendig für eine intakte Blasenfunktion sind. Mediziner sprechen daher auch von einer neurogenen Blasenstörung. Neben Blasenschwäche, also dem unwillkürlichen Verlust kleinerer oder größerer Mengen Urin, kommt es bei MS u. U. auch zu Entleerungsstörungen der Blase oder zu einer Kopplung beider Probleme: Bei der sog. Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie treten aufgrund von einer Fehlkoordination der Blasenmuskulatur und des Schließmuskels sowohl Probleme mit der vollständigen Entleerung der Harnblase als auch Harndrang und unwillkürlicher Urinabgang auf. Doch egal, um welche Probleme es sich handelt: Betroffene sollten möglichst schnell den Arzt aufsuchen, auch wenn es ihnen unangenehm ist, über ihre Beschwerden zu sprechen. Denn je eher eine Behandlung eingeleitet wird, umso leichter lassen sich die Symptome i. d. R. in den Griff bekommen.

Von Harndrang zu Inkontinenz

Verspüren MS-Betroffene im Verlauf ihrer Krankheit, etwa nach einem Schub, vermehrt und/oder starken Harndrang, kann das ein Hinweis für beginnende Blasenschwäche sein. Tritt der starke Harndrang nach dem Toilettenbesuch rasch wieder auf, sprechen Mediziner von einer überaktiven Blase. Die Blasenmuskulatur ist dabei ständig in Aktion und meldet selbst bei geringem Füllstand der Harnblase bereits dem Gehirn, dass ein Toilettenbesuch notwendig ist. U. U. kann es passieren, dass die Muskulatur so aktiv ist, dass Urin abgeht.

Doch auch das Gegenteil kann der Fall sein: Bei der schlaffen Blase oder Blasen-Hyporeflexie ist der Informationsweg zwischen Harnblase und Gehirn/Rückenmark gestört, sodass die Blasenmuskulatur erst dann Harndrang meldet, wenn die Harnblase schon übermäßig gefüllt ist. Auch in diesem Fall kann aufgrund der in der Blase gespeicherten großen Urinmenge u. U. unwillkürlich Harn abgehen. Zudem verbleibt häufig eine Restmenge Urin in der Harnblase, weil eine vollständige Entleerung nicht möglich ist. Dieser Restharn ist eine Brutstätte für Bakterien, die über die Harnröhre in die Blase hochwandern, dort u. U. eine schmerzhafte Blasenentzündung hervorrufen und von dort über die Harnleiter zu den Nieren gelangen und eine Nierenbecken- oder eine Nierenentzündung auslösen können. Bei einer schlaffen Blase kann es in manchen Fällen auch zu einem gefährlichen Rückstau von Urin zu den Nieren kommen.

Behandlung durch den Urologen

Eine neurogene Blasenstörung erfordert i. d. R. eine Behandlung durch einen Urologen, also einen Arzt, der sich u. a. auf die Behandlung der harnbildenden (Nieren) und harnableitenden Organe (Harnleiter, Harnblase, Harnröhre) spezialisiert hat – sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Denn der Urologe hat die Möglichkeit, bestimmte Untersuchungen durchzuführen, die bei MS-Patienten mit Blasenstörungen notwendig sind. Zudem kann er auch die Art der Blasenstörung genau eingrenzen und eine angemessene Behandlung einleiten.

Handelt es sich um eine Blasenstörung im Frühstadium, kann diese oft bereits durch Verhaltensweisen des Patienten positiv beeinflusst werden. Zu den Maßnahmen, die Patienten selbst durchführen können, gehört zunächst einmal das regelmäßige Ausfüllen sog. Toiletten- und Trinkprotokolle. Dort tragen die Betroffenen ein, wie viel sie wann trinken, wann sie auf die Toilette gehen, wie viel Urin dabei in etwa abgeht und wie stark der Harndrang anhand einer Skala zuvor war. Außerdem muss jeder unwillkürliche Urinverlust notiert werden. Anhand dieser Protokolle können die Betroffenen oft bereits selbst feststellen, ob und wie die Stärke des Harndrangs mit unwillkürlichem Urinverlust in Verbindung steht. Als Folge lässt sich u. U. ab einem bestimmten Zeitpunkt einschätzen, wie stark der Harndrang maximal werden darf, ohne dass es zum Urinverlust kommt. Die Betroffenen können der Inkontinenz dann vorbeugen, indem sie rechtzeitig oder vorbeugend eine Toilette aufsuchen.

Ohnehin sind im Frühstadium einer Blasenstörung regelmäßige Toilettenbesuche sinnvoll, etwa auch, bevor Betroffene das Haus verlassen. Für unterwegs kann es sinnvoll sein, eine App auf ein mobiles Endgerät zu laden, die öffentliche Toiletten überall in Deutschland verzeichnet. Mit ihr lässt sich schnell das nächstgelegene WC ermitteln. Wichtig ist: Auch bei Blasenschwäche sollten Menschen mit MS ausreichend – etwa 1,5 bis 2 Liter pro Tag – trinken, sofern keine Nierenprobleme dagegen sprechen. Regelmäßige Beckenbodengymnastik kann den Beckenboden, der am Verschluss der Blase beteiligt ist, bei MS stärken. Wie Beckenbodengymnastik richtig durchgeführt wird, zeigt bei Bedarf ein Physiotherapeut.

Medikamente, Selbstkatheterismus, Hilfsmittel

Medikamente kommen bei Blasenstörungen ebenfalls zum Einsatz. So dämpfen etwa Anticholinergika eine überaktive Blasenmuskulatur, um den Harndrang abzuschwächen und unwillkürlichem Urinverlust vorzubeugen. Gehen Blasenentleerungsstörungen mit einer MS-bedingten Spastik einher, werden oft Mittel gegen Spastik (Antispastika) verordnet. Auch Alphablocker helfen manchen Patienten. Nachts kann der Wirkstoff Desmopressin Harndrang und Harnverlust unterdrücken. Bei einer überaktiven Blase lässt sich zudem Botulinumtoxin einsetzen, das unter lokaler Narkose in die Harnblase injiziert wird und über mehrere Monate gegen Harndrang und Inkontinenz wirkt.

Bei einer schlaffen Blase oder einer Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie und der Gefahr von Restharnbildung kann es sinnvoll sein, die Blase in regelmäßigen Abständen mit einem Einmalkatheter selbst vollständig zu entleeren. Dies wird als intermittierender Selbstkatheterismus (ISK) bezeichnet. Ein dünner Schlauch wird dabei über die Harnröhre in die Harnblase vorgeschoben. Über ihn wird der komplette in der Harnblase befindliche Urin in die Toilettenschüssel abgeleitet. Betroffene sollten den intermittierenden Selbstkatheterismus unter Anleitung erlernen.

Einmalkatheter passen in jede Handtasche, sind durch eine besondere Umhüllung steril, auch ohne dass Handschuhe verwendet werden müssen, und können nach der Benutzung sofort entsorgt werden. Eine Durchführung des ISK ist gleichermaßen Männern und Frauen möglich. Vor allem für Männer gibt es Einmalkatheter mit Gleitgel-Reservoir, das die Dosierung eines Gleitgel ermöglicht und damit den Vorschub des Katheters durch die Harnröhre erleichtert. Sollte keine Toilette zur Verfügung stehen, können Einmalkatheter mit integriertem Urinbeutel eingesetzt werden. MS-bedingte Beschwerden (z. B. Störungen der Bewegungskoordination), die einen ISK erschweren, können u. U. kurzzeitig durch Kühlung von Armen und Händen gelindert werden. Im Gegensatz zum ISK kommen Dauerkatheter bei MS wegen möglicher Komplikationen wie Entzündungen selten zum Einsatz. In schweren Fällen kann auch über den Einsatz eines Blasenschrittmachers nachgedacht werden.

Hilfsmittel wie Inkontinenzvorlagen oder -slips verleihen bei starkem Harndrang und unwillkürlichem Urinverlust zusätzliche Sicherheit. Moderne Inkontinenzhilfsmittel tragen unter der Kleidung nicht auf und sind für andere unsichtbar.

Quelle: Befund MS 1/2017

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