Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Störungen der Augenbewegung sind bei MS häufig – etwa 12% aller MS-Patienten sind von ihnen betroffen. Ursache sind Entzündungen, die die Hirnnerven betreffen und dazu führen, dass die Bewegungen der Augäpfel außer Kontrolle geraten.
Zu den Symptomen, die mit einer Augenbewegungsstörung einhergehen, gehören u. a. Störungen des Gleichgewichts, Schwindelgefühle, das Sehen von Doppelbildern, das Verschwimmen der Bilder vor den Augen, das Auftreten von Zeitverzögerungen beim Blickwechsel sowie Augenzittern (Nystagmus). Die Folge: Dinge mit den Augen zu fixieren und zu fokussieren, fällt schwer, was sich u. a. darin äußert, dass es schwierig wird, die Zeitung zu lesen oder Bilder und Texte auf dem Computerbildschirm zu erkennen.
Das MS-Register hat ermittelt, dass die Augenbewegungsstörungen bei nahezu 80% der MS-Patienten unbehandelt bleiben. Eine medikamentöse Therapie wurde bei der Hälfte der behandelten MS-Erkrankten eingeleitet. Treten bei einer diagnostizierten MS Augenbewegungsstörungen auf, sollten die Betroffenen bei ihrem Arzt auf einer Behandlung beharren. Denn die Beschwerden schränken das Leben unter Umständen stark ein. So fällt z. B. das Autofahren schwer bzw. ist zu gefährlich und auch beim Lesen (und damit häufig auch bei der Arbeit) kommt es zu großen Problemen.
Treten Augenbewegungsstörungen erstmals im Rahmen eines Schubs auf, ist die Schubbehandlung mit hohen Kortisongaben die Therapie der Wahl. Ansonsten gibt es die Möglichkeit, gezielt nicht-medikamentöse Therapien einzusetzen, z. B. kann eine ergotherapeutische Behandlung helfen, Sehprobleme auszugleichen. Anhaltende Augenbewegungsstörungen, die die Folge von Entzündungen der Hirnnerven sind, können zudem mit den Wirkstoffen Baclofen und Gabapentin behandelt werden, die beide bei MS zur Spastikbehandlung eingesetzt werden. Auch der Wirkstoff Memantin, der hauptsächlich zur Behandlung der Alzheimer-Demenz verwendet wird, kann unter Umständen helfen. In jedem Fall muss vor der Einleitung einer Therapie genau abgeklärt werden, ob tatsächlich die MS die Ursache der Augenbewegungsstörungen ist.
Quelle: Befund MS 3/2019