Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Etwa 40% aller Menschen mit MS, so die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG), haben im Verlauf ihrer Krankheit mit Gedächtnisproblemen, Störungen der Aufmerksamkeit oder der Wahrnehmung zu tun.
Unter kognitiven Beeinträchtigungen sind z. B. Probleme zu verstehen, die Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum oder in bestimmten Situationen (z. B. unter Einfluss von Lärm) aufrechtzuerhalten, oder auch das Nachlassen der Fähigkeit, in kürzester Zeit von einer Tätigkeit oder einem Gedanken auf einen anderen umzuschalten. Genauso kann auch die Merkfähigkeit oder die Fähigkeit zur räumlichen Wahrnehmung durch die MS beeinträchtigt sein. Wissenschaftlichen Studien zufolge können von MS Betroffene ihre kognitiven Fähigkeiten durch ein gezieltes Training wieder anhaltend verbessern. Dabei sollte, so die Deutsche Gesellschaft für Neurologie, dieses Training genau auf die jeweilige Beeinträchtigung zugeschnitten sein.
Erste Anlaufstelle für MS-Betroffene bei kognitiven Beeinträchtigungen ist i. d. R. der Neurologe oder auch ein Neuropsychologe. Dieser kann feststellen, in welchen Bereichen die Defizite vorliegen, und eine individuelle Therapie vorschlagen. Wichtig ist z. B. bei Aufmerksamkeitsstörungen, dass das Therapieverfahren nicht zu komplex ist. Den Leitlinien zur Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen zufolge hat sich die Verwendung von computergestützten Therapieverfahren bewährt, bei denen gezielt einzelne Aufmerksamkeitsleistungen in alltagsähnlichen Situationen trainiert werden.
Doch auch das Umfeld sollte an die Probleme des von MS Betroffenen angepasst werden. Wer sich z. B. bei seiner Tätigkeit in einem Großraumbüro wegen des anhaltenden Geräuschpegels dort nur noch schlecht konzentrieren kann, kann seinen Arbeitgeber darum bitten, ein Einzelbüro zugeteilt zu. Auch psychologische Unterstützung kann sinnvoll sein: um dabei zu helfen, sich nicht zu überfordern, sich realistische Ziele zu setzen, aber auch um gegen Ängste vorzugehen, die kognitive Beeinträchtigungen nach sich ziehen können, z. B. ob die eigene Leistungsfähigkeit für Beruf und Alltag noch ausreicht.
Wer Spaß daran hat, kann seiner Aufmerksamkeit und seinem Gedächtnis bereits durch das Lösen von Kreuzworträtseln, Sudokus und Ähnlichem ein wenig helfen. Auch Lesen schult die Konzentration und die Aufmerksamkeit. Wer Angst hat, Wichtiges zu vergessen, dem kann ein kleines Notizbuch helfen, dass immer mitgeführt wird und in das man auch unterwegs Eintragungen machen kann. Kleine Gedächtnisübungen zwischendurch trainieren die Merkfähigkeit. Ein Beispiel: Vor dem nächsten Einkauf kann man sich zwar einen Einkaufszettel schreiben, sollte diesen aber erstmal in der Tasche lassen und nur bei Bedarf einen Blick darauf werfen. Erst, bevor man zur Kasse geht, sollte man überprüfen, ob tatsächlich alles im Wagen liegt, was man einkaufen wollte. Namen lassen sich durch die Verknüpfung von äußeren Merkmalen mit dem Namen leichter einprägen (Frau Müller, das ist die Frau mit der weißen Brille).
Quelle: Befund MS 02/2013