Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Körperliches Training sorgt bei MS dafür, dass Erkrankte mobil bleiben. Das haben zahlreiche wissenschaftliche Studien ergeben. Auch andere Begleiterscheinungen werden durch Bewegung abgemildert, z. B. scheint Bewegung einen positiven Einfluss auf chronische Müdigkeit (Fatigue) zu haben. Bei depressiven Verstimmungen, die bei MS häufig auftreten, tut Bewegung ebenfalls gut.
Für MS-Patienten ist es schwierig, Sporthallen oder andere Sportstätten zu erreichen, wenn bereits Bewegungseinschränkungen vorliegen. Eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg ergab, dass auch ein webbasiertes Fitnesstraining, das zu Hause durchgeführt werden kann, die Mobilität fördert. Nach drei bis sechs Monaten Training, an dem 126 MS-Erkrankte mit leichten Bewegungseinschränkungen teilnahmen, hatten die Teilnehmer nachweislich mehr Muskelkraft in den Beinen, eine verbesserte Lungenfunktion und waren in der Lage, länger als zu Beginn der Studie Sport zu treiben. Das Trainingsprogramm bestand aus einem zweimal wöchentlich durchgeführten Krafttraining sowie zehn bis 60 Minuten Ausdauersport (z. B. Nordic Walking) pro Woche. Die Trainingseinheiten wurden über ein E-Training vermittelt.
Ein Training, das sowohl die Muskelkraft als auch Ausdauer fördert, eignet sich für MS-Erkrankte i. d. R. besonders gut. Die Stärkung der Beinmuskulatur fördert in vielen Fällen die Gehfähigkeit. Muskelkraft lässt sich nicht nur durch Gerätetraining stärken, sondern auch durch gezielte Gymnastik. MS-Erkrankte können sich von Physiotherapeuten zeigen lassen, welche Übungen die Bein-, Arm- und auch die Rumpfmuskulatur stärken, und diese bei Bedarf zu Hause ausführen. Es ist sinnvoll, langsam mit dem Training anzufangen und sich nicht zu überfordern. Beim Gerätetraining gilt für MS-Betroffene, dass sie nicht allzu viel Gewicht auflegen, sondern die Übungen stattdessen lieber häufiger wiederholen sollten. Wichtig ist auch, die Übungen zu variieren, um verschiedene Muskelgruppen zu trainieren. Schonhaltungen sollten MS-Erkrankte dabei vermeiden.
Zu den Ausdauersportarten zählen u. a. Nordic Walking, Joggen, Fahrradfahren oder Schwimmen. Die Wahl der Sportart ist abhängig davon, wie beweglich MS-Patienten sind: Können Betroffene nicht gut gehen oder laufen, eignet sich Fahrrad fahren. Manche Menschen mit Spastik berichten davon, dass die Spastik beim Laufen zwar hinderlich ist, beim Radfahren jedoch hilft. Andere wiederum können das Laufen oder Gehen am besten auf einem Laufband mit einem Geländer trainieren, an dem sie sich mit beiden Händen festhalten können. Und Dritte schwören auf Schwimmen, weil sie dabei sowohl die Arm- als auch die Bein- und Rumpfmuskeln trainieren oder sich auch nur mit den Armen fortbewegen können.
Welche Ausdauersportart auch immer Menschen mit MS wählen: Wichtig ist, dass das Training Spaß macht. Denn sonst bleiben die Wenigsten über einen längeren Zeitraum dabei. Und ein längerer Zeitraum ist wichtig, damit das Trainieren zur angenehmen Gewohnheit wird, die Betroffene vermissen, wenn sie zwischendurch einmal verhindert sein sollten.
Die Koordination der Muskeln kann bei MS ebenfalls gestört sein, ebenso das Gleichgewicht. Umso wichtiger ist es, auch diese Fähigkeiten zu trainieren. Etwa mit Balancetrainern oder auch mit Spielekonsolen, die Spiele und Zubehör anbieten, bei denen der gesamte Körper trainiert wird. So gibt es etwa Spiele wie Skateboard- oder Skifahren, bei denen der Spieler auf einem Brett steht und die Position seines Körpers verlagert, um Hindernisse auf dem Bildschirm zu „umfahren“. Für MS-Betroffene, die ungern gemeinsam mit anderen trainieren, sind solche Trainingsspiele besonders geeignet.
In vielen größeren Städten bieten zudem Vereine Sportarten speziell für Menschen mit Bewegungseinschränkungen oder für Rollstuhlfahrer an. In diesen Übungsstunden muss sich niemand mit Gesunden vergleichen, wodurch die Hemmschwelle sinkt, am Training teilzunehmen.
Quelle: Befund MS 2/2018