Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Ich heiße Jens Hauk, bin 46 Jahre alt, Justizvollzugsbeamter im Vorruhestand und wohne im Landkreis Peine/Niedersachsen. Mit dem Gedicht „Der Clown“ fing ich 2003 an, mich schreibend mit der MS auseinanderzusetzen. „Der Clown“ beschreibt die Zeit von meiner Diagnose 1998 bis zum Jahr 2003. Durch meinen damaligen Psychotherapeuten ermutigt, habe ich den „Clown“ geschrieben. In eineinhalb Jahren Verhaltenstherapie habe ich mein Leben, auch mit MS, ins Positive gedreht. Im Gedicht gibt es viele verarbeitete Details: Ängste, Sorgen, Ungewissheit. Fragen, die wohl auf viele von uns nach der Diagnose zutreffen. Deshalb steht der Clown in meinem Gedicht nicht nur für mich, sondern für viele Menschen, jedoch nicht nur für die mit der Diagnose Multiple Sklerose.
Zu Anfang wollte ich den Namen der Krankheit nie aussprechen, wie bei Harry Potters „Lord Voldemort“, dessen Name nicht genannt werden darf. Ich beschränkte mich auf das Kürzel MS, und es war mir egal, ob mein Gegenüber damit etwas anfangen konnte oder es als Muskelschwund definierte. Heute ist mir wichtig geworden zu erklären, was genau dahintersteckt.
Ein weiteres Detail im „Clown“ ist das kleine Mädchen, das meine Tochter (damals 5 Jahre alt) beschreibt. Das Publikum sind die Menschen um mich herum – Freunde, Familie, Arbeitskollegen. Mit der Gestalt eines Clowns konnte ich mich am besten identifizieren und die Situation meiner Diagnose am besten beschreiben. Im Laufe der Jahre sind dann viele Gedichte entstanden, die in der Schublade verstaubten. 2006 fing ich an, meine Gedichte über eine Lyrikseite im Internet zu veröffentlichen. Durch die positive Resonanz dort, aber auch durch die Ermutigung im Familien- und Freundeskreis reifte die Idee zu meinem Buch „anders gesund“, um mit meinen positiven Gedanken anderen Erkrankten Mut zu machen. In dem Buch erzähle ich meine Geschichte und stelle den Hintergrund meiner Gedichte – das, was ich mit ihnen ausdrücken möchte – dar.
Mein Leben gestalte ich nach der Frühpensionierung Anfang 2007 u. a. mit ehrenamtlicher Arbeit in der DMSG Niedersachsen. Im gleichen Jahr habe ich mich zum Betroffenenberater ausbilden lassen, nachdem ich schon seit 2002 Kontaktgruppenleiter einer Celler MS-Gruppe war. Seit 2010 bin ich Mitglied im Vorstand des Landesverbandes Niedersachsen. Kontaktgruppen können sich (z. B. für Lesungen und/oder den Austausch von Erfahrungen) gerne mit mir über Mail in Verbindung setzen per Mail an faro@gmx.de.
Noch zehn Minuten, dann ist er dran,
die letzte Vorstellung seines Lebens fängt an.
Traurig sitzt er vor dem Spiegel und sagt: „Weine nicht!“
Und schminkt sich ein rotweißes Lachen in sein Gesicht.
Vor ein paar Stunden hat er die Diagnose erfragt.
„Clown, du bist krank“, hat man ihm gesagt.
„Eine Krankheit, die noch nicht heilbar ist,
aber gib nicht auf, bleib, wie du bist.“
Noch fünf Minuten, dann ist er dran,
fängt dann wirklich die letzte Vorstellung für ihn an?
So viele Jahre hat man über ihn gelacht,
und immer hat er den Menschen Freude gebracht.
Er war der Clown, tagein, tagaus,
mit seiner roten Nase und viel Applaus.
Nun geht es los, jetzt ist er dran,
seine letzte Vorstellung fängt wie immer an.
Durch den Vorhang betritt er seine Welt,
die runde Manege und das Zirkuszelt.
Das Publikum applaudiert und lacht,
wenn der Clown nur seine Späße macht.
Doch plötzlich setzt er sich einfach hin,
laut sagt er: „Es hat doch keinen Sinn!“
Ganz still ist es nun im Zelt,
nur ein Scheinwerfer, der sein Gesicht erhellt.
Und im Licht sieht man ihm an,
dass der Clown nicht mehr lachen kann.
Tränen laufen über sein rotweiß lachendes Gesicht,
ein kleines Mädchen ruft: „Bitte Clown, weine nicht!“
Er sagt allen, warum er nicht mehr lachen kann,
nun fängt auch das kleine Mädchen zu weinen an.
Es steht auf und geht zu ihm hin:
„Lieber Clown, alles hat seinen Sinn!
Du bist für uns der Clown geblieben,
auch mit der Krankheit werden wir dich lieben.
Vielleicht kannst Du nicht mehr rennen und springen,
aber du, der Clown, wirst uns immer zum Lachen bringen.
Du kannst für uns andere Späße treiben,
doch derselbe Clown wirst du immer bleiben.
Hinter jedem Schicksal erkennt man irgendwann den Grund,
Clown, du bist nicht krank, nur anders gesund.“
Er steht auf, jetzt ist er dran,
die erste Vorstellung seines neuen Lebens fängt an …
Jens Hauk
Quelle: Befund MS 01/2013